Ein Interview mit Stephan und Alexander von elementaris
3 schätze: Bevor wir in unser Interview eintauchen, stellt Euch doch bitte nochmal kurz vor, wer seid Ihr, wo lebt Ihr, was ist Euer Background usw.
Alexander: Stephan und ich sind Gründer von elementaris, einer Organisation, die progressiv und co-kreativ Räume für Männer gestaltet. Mein Weg dorthin hat vor einigen Jahren mit einer Beziehungskrise begonnen, für die ich heute dankbar bin. Mein Studium der Sozialwissenschaften, mein beruflicher Schwerpunkt der Organisationsentwicklung von NGOs, 25 Jahre Kampfkunsterfahrung und viel innere Arbeit vereinen sich gerade in diesem Projekt. Zudem bin ich seit 2018 dem Weg dem initiatisch-phänomenologischen Ansatzes von ZIPAT verbunden und dort als Assistent und Co-Leiter verschiedener Männerprojekte aktiv. Ich lebe in Bonn und hier habe ich auch meinen ersten Männerkreis gegründet. Bei der Ausrichtung meines Lebens inspiriert mich der Grundsatz ’simple and deep‘, was auch bei der Entwicklung von elementaris eine zentrale Rolle spielt.
Stephan: Mein Weg zu elementaris hat verschiedene Ursprünge. Vor bald 20 Jahren habe ich den Verein Querwaldein gegründet und bin dort immer noch Teil der Geschäftsführung. Dort konnte ich meine Verbindung zur Natur auch beruflich leben und vor allem vertiefen. Mit elementaris möchte ich jetzt forschend und achtsam weiter in tiefere Schichten der Beziehung Mensch/Natur eintauchen und dadurch auch mehr mit Erwachsenen arbeiten. Wie auch bei Alexander, kann ich hier vieles zusammenführen. Zum Beispiel mein Studium der Geographie und die jahrzehntelange Praxiserfahrung mit Gruppen in unterschiedlichen Naturräumen sowie meine Weiterbildung im Bereich NLP und dem sog. Natur-Dialog-Ansatz aus der Schweiz. Hinzu kommt noch meine lange Tätigkeit als Leiter von Männerkreisen und als Feuerhüter für Männerschwitzhütten. Meine derzeitige Wahlheimat ist in Köln, wo ich übrigens auch mit meiner Familie lebe. Das Vater-Sein von zwei wunderbaren, nun schon erwachsenen Jungs, spielte natürlich auch eine Rolle bzgl. unseres Arbeitsfeld für Männer, Väter und Jungs.
3 schätze: Ihr seid nun bald ein Jahr mit elementaris.org im Raum Köln/Bonn und darüber hinaus aktiv. Wie kam es dazu und gab es einen sich verdichtenden Moment für euch bzgl. der Findung von elementaris? Vielleicht eine Art Geburt oder Initiation?
Alexander: Es gibt einen besonderen Ort an der französischen Atlantikküste, mit dem Stephan schon länger verbunden ist. Dort waren wir vor zwei Jahren in Urlaub und sind streunend durch die Wälder und Meeresbuchten gezogen. Dann gab es auf einmal ein ganz starkes Gefühl von Verbundenheit – zu unserem kleinen Abenteuer, zu diesem Naturraum und auch zueinander. Und da war klar: Das wollen wir auch anderen Männern ermöglichen – das wollen wir in die Welt geben.
Stephan: Und es gibt zu jeder Initiation eine Vorgeschichte. Alexander und ich teilen die gleiche Erfahrung einer intensiven Seminarreihe zu verschiedenen Archetypen (nicht Stereotypen) 🙂 , die sich über 1,5 Jahre erstreckte. Da gibt es viele ähnliche Erlebnisse, viel Gleichklang und auch viel Neugier, wie gesunde Räume für Männer aussehen können. Darüber hinaus verbindet uns die Begeisterung zum Feuer, zum Fahrrad, zum Körper und zum Minimalismus.
3 schätze: Was genau bedeuten für euch die Elemente, sie stecken ja ziemlich präsent in eurem Namen?
Stephan: Unsere Arbeit ist nicht nur naturverbunden, sondern wir gehen aktiv in einen Dialog mit uns und unserer Umgebung. Dadurch kommen wir stark in Kontakt mit den Elementen. Viele unserer Angebote haben mindestens eins der Elemente – Feuer, Erde, Wasser, Luft – als einen Schwerpunkt. Und natürlich sind immer alle Elemente präsent. Überall und in jedem Moment.
Alexander: Hinzu kommt ein zweiter Aspekt: elementar steht auch für die Reduzierung auf das Wesentliche. Das ist in unserer Arbeit sehr wichtig. Durch das Weglassen von Ablenkung und von nicht relevanten Geschichten öffnet sich ein Raum, in dem eine neue Ent-wicklung möglich ist. Innehalten und Stille sind daher ebenfalls elementare Bausteine in unseren Angeboten.
3 schätze: Braucht es eurer Meinung nach heute überhaupt Räume nur für Männer? Ist dies wirklich wichtig?
Alexander: In Zeiten, wo viel über Gender und Geschlechtergerechtikeit diskutiert wird, ist das eine interessante Frage. Für uns ist es selbstverständlich, dass es auch Angebote für Männer und deren persönliche Entwicklung braucht. Elementaris steht für eine progressive Art als Mann zu leben. Wir erforschen gemeinsam, wie gesunde Formen von Männlichkeit aussehen können. Dies ist sehr individuell und in einer Welt, in der sich Identitäten zunehmend auflösen, auch nicht einfach. Daher braucht es, unserer Meinung, auf jeden Fall Angebote speziell für Männer.
Stephan: Wichtig ist uns aber auch, nicht dabei stehen zu bleiben. Wir machen auch immer wieder Angebote für Männer und Frauen und alle anderen Gruppen. Und noch ein Punkt: Eine gesunde Männlichkeit ist ein wichtiger Schritt in Richtung Geschlechtergerechtigkeit.
3 schätze: Eine Freundin erzählte mir neulich von ihrem Engagement beim Play Fight. Ist Euer Conscious Fight Club etwas Ähnliches?
Alexander: Ja und Nein. Ähnlich ist wahrscheinlich der sichere Rahmen, die Freiwilligkeit und die spielerische Komponente. Das Format des Conscious Fight Club ist dennoch anders und teilt sich in zwei Teile. Erstens das Kämpfen: Nach einer Vorbereitungsphase steigt jeder, der will, in den Ring. Mit voller Schutzausrüstung und voller Ausrichtung in seine eigene Kraft zu kommen. Hier kann man gut üben, an seine Grenzen zu gehen und nicht darüber hinaus. Der zweite Teil, ist der Aspekt des Nicht-Kämpfens innerhalb des Kämpfens. Hier lasse ich viele Übungen aus dem Systema, einer russischen Kampfkunst, einfließen. Es geht darum sich zu stellen und nicht weg zu ducken und gleichzeitig weich und durchlässig zu bleiben. Dies lässt sich wunderbar auf das Leben, auf Beziehungen und die eigene Entwicklung übertragen.
3 schätze: Im letzten elementaris-Newsletter bietet Ihr unter anderem die Vater-Sohn-Auszeit an. Ich bin Vater einer Tochter und die ist mittlerweile schon erwachsen, aber bietet Ihr auch etwas für Väter und Töchter an?
Stephan: Schön! Dann kennst Du die wunderbare Qualität von Vaterschaft. Die Vater-Sohn-Auszeit ist daraus entstanden, dass wir uns mit unserem Sohn-Sein intensiv befasst haben. Wir Männer sind alle auch Söhne. Damit teilen wir das gleiche Geschlecht wie unser Vater und daraus ergibt sich eine bedeutsame Beziehung – vielleicht sogar eine besondere Verantwortung. Auch hier geht es um eine progressive Form von Männlichkeit. Was will ich von meinem Vater übernehmen, und was nicht?
Auf der Vater-Sohn-Auszeit geht es vor allem darum die Verbindung zwischen Sohn und Vater in der Natur zu stärken und eine gute gemeinsame Zeit zu haben. In Zukunft können wir uns gut vorstellen das Konzept auch um Vater-Tochter-Auszeiten zu erweiteren.
3 schätze: Das Seminar Die Welle ist das Meer findet an der französischen Atlantikküste statt. Warum habt ihr diesen Ort gewählt?
Alexander: Der oben beschriebene initiatische Moment hat genau dort stattgefunden, wo wir auch jedes Jahr das Seminar Die Welle ist das Meer anbieten. Es ist eine ganz besondere Küstenlandschaft, wo sich ein Fluss ins Meer ergießt. Der Naturraum ändert sich dort ständig, nicht zuletzt durch Ebbe und Flut. Es gibt einen langen Strand und auch raue Felsen. Das alles ist eingebettet in alte, bemooste Wälder. Wir sind davon überzeugt, dass der Kontakt zu dieser Umgebung, die inneren Prozesse der Männer zum Fließen bringt. Das was dort passiert, passt in keinen Seminarraum. 🙂
3 schätze: Herzlichen Dank für dieses Gespräch und viel Erfolg für Eure Arbeit.
Weitere Infos:
elementaris, Rheindorfer Straße 56, 53225, Bonn
Alle Bilder und Texte von Stephan Weinand und Alexander Gabriel.