Küche und Glaubensschätze

Seit 6 Jahren verarbeite ich in der Monk´s Kitchen aussortiertes Gemüse eines Bonner Biohofs zu schmackhaften Mahlzeiten. Zweimal pro Woche trifft sich eine wechselnde Gemeinschaft (manch einer kommt allerdings auch schon seit 6 Jahren jede Woche wieder hierher), um gemeinsam zu Mittag zu essen und Gespräche über das Leben zu teilen. Manchmal ist es tiefgründig, manchmal alltäglich und irgendwie immer bereichernd. Zu Beginn der Mahlzeiten lesen wir jedes Mal die „Fünf Betrachtungen“ über das Essen. An anderer Stelle im 3 schätze Blog findest Du dazu einen kleinen Film von Arnold Cosa.

Seit 6 Jahren bin ich immer wieder inspiriert und freue mich über die vielseitigen Möglichkeiten der Küche. Das Kochen erfüllt mich und es bereitet mir keinerlei Schwierigkeiten, aus zusammen gesammeltem Gemüse, ohne Rezept, etwas zu komponieren, die Einzelteile miteinander in Harmonie zu bringen.

Einzig die Ahung, es könnte nicht genug da sein, die Menge des Essens würde nicht ausreichen, jemand könnte nicht satt werden, beschleicht mich beharrlich ein um´s andere Ma(h)l.

In einem Workshop ging es neulich um die Gelübde eines Bodhisattvas, z.B. alle fühlenden Wesen zu retten oder all unsere Täuschungen zu transformieren. In ihrer Unerfüllbarkeit sind diese Gelübde auch Sätze des Glaubens und ein Antrieb für die tägliche Übung. Manchmal frage ich mich, wie oft ich die Gelübde aussprechen und wie lang ich sie praktizieren muss, bis sie so kraftvoll werden, wie mein obiger Glaubensatz, es könnte nicht genügen? Vielleicht kennen wir ja alle solche Sätze, die so mächtig sind, dass sie unser Leben prägen und unser Handeln zu bestimmen scheinen? Alte Erfahrungen und Strategien haben sich manchmal ziemlich festgezurrt; die Frage ist allerdings, ob sie heute immer noch stimmen?

Die Antwort liegt wie so oft, hier und jetzt, direkt vor meinen Füssen. Wie fühlt es sich an? Worauf weißt mich dieser Gedanke, dieses Gefühl hin? Was ist jetzt, in diesem Augenblick in Not, welches Bedürfnis unerfüllt? Wenn ich damit in Kontakt bin, brauche ich meinem Glaubensatz nicht das Feld überlassen. Ich muss ihn aber auch nicht abwehren oder ignorieren, sondern ihn bestenfalls als Signal oder Inspiration verstehen. So kann ich dann auch die Bodhisattva Gelübde praktizieren. Nicht, in dem ich einen anderen Glaubensatz zu einer Routine werden lasse oder mich schlimmstenfalls in einem Helfersyndrom verbrenne, sondern in dem ich die Gelübde immer wieder neu mit der Kraft des gewährtigen Augenblicks nähre.

Bisher ist es übrigens noch nie vorgekommen, dass jemand in der Monk´s Kitchen nicht satt geworden wäre 😉

2 Gedanken zu „Küche und Glaubensschätze

  1. Wenn Dich die Ahnung, jemand könnte nicht satt werden, wiederholt beschleicht, dann ist das m.E. kein Glaubenssatz, sondern die „kleine Befürchtung“ eines freigiebigen Kochs, der nie genau weiß, wieviele Gäste sich an seinem Essenstisch einfinden werden. Freigiebig ist er schon, weil er für die und mit den Gästen Speisen zubereitet. Die anderen beiden Sätze über das Retten der fühlenden Wesen und das Überwinden aller Täuschungen sind ja, wie Du selber schreibst, Gelübde oder Handlungsziele, denen Du Dein Bodhisattvaleben lang nachstrebst, jeden Tag, in jedem Moment. Das wird niemals fertig – und bleibt so für immer Dein Antrieb 🙂
    Herzliche Grüße – und mit Dir weiter auf dem Weg, Thomas.

  2. … 6 sind geladen … 10 sind gekommen … nimm Wasser zur Suppe, so sind alle willkommen!

    Den Spruch einer sechsfachen Mutter, die ich kennenlernen durfte, ist mir immer im Gedächtnis geblieben.

    LG Petra

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