Weiches Herz, starkes Herz: Tage des Friedens und der Versöhnung in Buchenwald

In der letzten Mai-Woche verbrachten 23 Praktizierende aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Großbritannien und den USA unter dem Motto „Geh an die Orte, die du fürchtest, und übe Frieden“ Zeit in der Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald.

Die Einladung zu den FriedensTagen in Buchenwald war ausgegangen von zwei Mitgliedern der ZenPeacemaker-Gemeinschaft Deutschland und zwei Ridhwan-Schülerinnen aus den Niederlanden und Dänemark. So standen diese FriedensTage in der lebendigen Tradition des ZeugnisAblegens, wie sie von den ZenPeacemakern weltweit an verwundeten Orten und auf der Straße praktiziert wird, und verbanden diese mit der Praxis des „offenen Erkundens“ der Ridwhan-Schule.

Die Beweggründe der InitiatorInnen

  • Wir spüren die Notwendigkeit, unsere persönlichen und kollektiven Wunden anzuschauen, und sehen diese Zu-Wendung als liebevolles Handeln auf dem Weg zu innerem und äußerem Frieden.
  • Wir sind entschlossen, uns unseren Ängsten zu öffnen und uns darin mit anderen zu verbinden.
  • Wir verpflichten uns darauf, die Einsicht, dass Unterschiede und Vielfalt zu unserem Lernprozess auf dem Weg in die All-Einheit gehören, mehr und mehr zu verkörpern.
    Wir empfinden eine Dringlichkeit zu verstehen, was Krieg verursacht, und was Frieden.
  • Wir nehmen die Notwendigkeit transformierender Erziehung und Schulung zum Frieden wahr, sehen die Chance dazu und sind bereit, einen Beitrag dazu zu leisten.

Meditationen morgens und abends, tiefer Austausch in Council und Inquiry, Führungen über das Gelände und Mitarbeit in Projekten der Gedenkstätte, Schreibimpulse und Eigenzeiten gaben den Tagen Struktur. In diesem sicheren Rahmen konnte JedeR Raum finden für den persönlichen Prozess und den angemessenen Kontakt zu anderen. Die überwältigende Präsenz des Ortes öffnete eine – für manche erstmals so intensiv erlebte – Dimension von Mitgefühl für das Geschehen in den Konzentrationslagern der Nazis über die gegenwärtigen Orte globaler Not und Gewalt bis hinein in die innerste Wahrnehmung eigener Opfer- und Täter-Anteile, Schuld- und Schamgefühle.

Die einzelnen Teilnehmenden wurden schnell zu Mitgliedern einer Gruppe, zu einander spiegelnden Perlen in Indras Netz – ein Organismus entstand, der über Tage wach, sensibel und in achtsamem Kontakt agierte. So entstand ein Feld der Allverbundenheit, in dem Vielfalt und Verschiedenheit Anerkennung fanden und ihre öffnende Kraft entfalten konnten.

Einige Stimmen…

Es hat sich etwas geöffnet“ – „Ich habe Kontakt bekommen zu abgespaltenen, verdrängten Aspekten“ – „Ich kann jetzt mein Gefühl von Zersplittert-Sein verstehen und mich besser darum kümmern“ – „Es ist etwas geschmolzen in mir“ – „Ich habe endlich Worte gefunden für das, was ich von mir fern gehalten habe“ – „Es ist Erstaunliches, Geheimnisvolles geschehen, das mich verändert hat“ – „Das ist ein direktes Ergebnis unserer Arbeit hier – tief in die Anteile meiner Täterschaft zu schauen“ – „Ich spüre die Liebe zum Leben und den Segen dieser Möglichkeit, das Leben in all seinen Aspekten zu erkunden, jetzt so viel tiefer“ – „Durch diese Art von Praxis bleibe ich aufmerksam für die Ungerechtigkeit, die Mensch und Natur widerfährt“ – „Mein Herz ist weicher geworden – und stärker.“

Die nächsten FriedensTage in Buchenwald finden im April 2020 statt.

 

Am 10.11.2018 (14:00 – 16:30) bieten Reiner Seido Hühner und Kathleen Hoêtsu Battke einen Vortrag mit Council zu den FriedensTagen in Buchenwald im Bonner San Bo Dojo an. Die Beiden berichten im Vortrag über die FriedensTage/Days of Peace and Reconciliation, die als Zusammenarbeit von ZenPeacemakers Deutschland e.V. und der Ridhwan-School (Schüler von A.H. Almaas) in der Gedenkstätte Buchenwald stattfanden.

Die Idee zu diesen Tagen entstand im August 2016, zusammen mit einer Freundin aus den Niederlanden, Dorle Lommatzsch, die lange Jahre mit Almaas studiert hat und die seit einer gemeinsamen Erfahrung in Auschwitz 2011 befreundet sind. Das Team ergänzten Kathleen Battke aus Bonn (ZenPeacemakers Deutschland) und Judith Beermann-Zeligson (Ridhwan-School).

Über die gemeinsamen Erfahrungen mit unseren unterschiedlichen Werkzeugen (Council und Inquiry) an diesem besonderen Ort geht es im Vortrag, der abgerundet wird durch einen Redekreis (Council), so wie er bei den Zenpeacemakern praktiziert wird.

Kathleen Hoêtsu Battke lebt in einem MehrgenerationenWohnprojekt in Bonn, ist seit den 1980er Jahren in Friedens- und Umweltbewegung aktiv, schreibt, publiziert und begleitet Menschen im Wandel. Seit 2011 übt sie sich mit den ZenPeacemakern um Eve Marko Roshi und Bernie Glassman Roshi im Mensch-Sein.

 

Reiner Seido Hühner wohnt in Bonn und ist seit 20 Jahren Meditierender und seit 2009 mit den ZenPeacemakern um Bernie Glassman Roshi unterwegs und aktiv.

 

 

Nähere Informationen über zpmd@email.de (Reiner Hühner) oder  battke@zukunftspioniere.com (Kathleen Battke).
Mehr über die ZenPeacemaker-Gemeinschaft Deutschland: www.zenpeacemakers.de

Kurz-Interview: Kathleen Battke im Gespräch mit Patrick Damschen

Der amerikanische Zen-Meister, Bernie Glassman, ging 1996 zum ersten Mal ins ehemalige Konzentrationslager in  Auschwitz, um Zeugnis abzulegen – zusammen mit 150 weiteren Menschen aus zehn Nationen. Seither findet dort alljährlich das „Bearing Witness“ Retreat als friedensstiftende Praxis statt. Im Verlag edition steinrich ist gerade das Buch AschePerlen. Pearls of Ash and Awe – Zeugnisse aus 20 Jahren Friedenspraxis in Auschwitz erschienen. Mit der Herausgeberin, Kathleen Battke, habe ich ein kurzes Interview geführt…

3 schätze: Liebe Kathleen, am Sonntag, 18.10.2015 wirst Du von 15:00 bis 18:00 mit einer Lesung aus Deinem neuen BuchAschePerlen. Pearls of Ash and Awe – Zeugnisse aus 20 Jahren Friedenspraxis in Auschwitz bei 3 schätze zu Gast sein. Ich freue mich, dass wir im Vorfeld noch Gelegenheit haben, dieses Interview zu führen. Erzähl doch zu Anfang kurz wer Du bist, was Du so machst…

Kathleen BattkeKathleen Battke: Ich bin ein Mensch mit Seele, Geist und Körper – jedenfalls bemühe ich mich darum! Was ich mache? Meine Ehe mit Thomas leben, in einem Mehrgenerationenprojekt wohnen, Gemeinschaftsgärten anzetteln, mit Thomas zusammen als ZukunftsPioniere GbR Unternehmen und Organisationen im Wandel begleiten, Menschen zu sich selbst und zum Schreiben ermutigen, Bücher hervorbringen – meist, wie auch im Fall von „AschePerlen“, als Gemeinschaftsleistung.

3 schätze: Da Du die „AschePerlen“ direkt ansprichst, bleiben wir doch ein wenig dabei. Zum 20. Jubiläum des „Zeugnis-Ablegen-Retreats“ in Auschwitz-Birkenau hast Du gerade, gemeinsam mit Ginni Stern (USA, Jüdin) und Andrzej Krajewski (Polen) einen zweisprachigen Sammelband mit Erfahrungsberichten von rund 80 Teilnehmenden aus 17 Nationen herausgegeben. Wie kam es zu diesem Buch?

Kathleen Battke: Das Jubiläum war vor allem denen bewusst, die schon lange dieses Retreat mit erleben und hüten – in diesem Falle Ginni Stern, die seit 1996 wirklich jedes Jahr dabei war, und Andrzej Krajewski, der der polnische ZenPeacemaker-Ansprechpartner vor Ort ist – ebenfalls von Anfang an. Ich war ja erst 2011 das erste Mal dort. Aber da ich als Magnet auf Schreib- und Buchprojekte wirke, was Ginni sofort erkannt hat, haben wir die Idee nach dem Retreat 2013 an unserem Küchentisch in Bonn entwickelt. Und so nahm es seinen Lauf…

AschePerlen - Cover-Buch_klein3 schätze: Ich stelle mir vor, dass es gar nicht so einfach ist, die Fülle an Erfahrungsberichten zusammenzutragen. Hast Du die Teilnehmenden des Retreats persönlich besucht? Wie war es für die Teilnehmenden über ihre ja sicherlich sehr persönlichen Erfahrungen zu sprechen?

Kathleen Battke: Einfach war es fürwahr nicht – aber es lebe das Internet! Ich habe also nicht alle 80 Beitragenden besucht, sondern wir haben die Retreat-Teilnehmerlisten genutzt, um die Idee des Buches zu verbreiten und zu Beiträgen einzuladen. So ist das Buch nun eine Auswahl derer, die davon gehört haben und bereit waren, ihre persönlichen Erfahrungen preiszugeben. Wunderbarerweise spiegelt dieses scheinbar „zufällig“ entstandene Spektrum der Beiträge nun doch die Vielfalt der 20 Retreat-Jahre – es sind Leute aus 17 Nationen dabei, Menschen aus dem ersten Retreat-Jahr und welche, die 2014 zum ersten Mal dort waren. Und die Freiwilligkeit, etwas beizutragen, hat dann vor allem die angesprochen, die sich darüber gefreut haben, ihre Erfahrungen und Gedanken teilen zu können.

3 schätze: Im kommenden November wirst Du selbst zum dritten Mal an dem Retreat in Auschwitz teilnehmen? Kannst Du kurz beschreiben, was die Teilnehmenden dort erwartet. Was bedeutet es „Zeugnis abzulegen“?

Kathleen Battke: Ja, ich fahre in wenigen Wochen wieder nach Oswiecim. Nein, beschreiben kann ich nicht, was einen dort erwartet. Die Erlebnisse sind wirklich sehr persönlich und individuell, und es hängt sehr viel davon ab, in welcher aktuellen Lebenssituation du gerade bist und hinfährst. Da der erste Grundsatz der ZenPeacemaker „Nicht-Wissen“ ist, sind wir aufgerufen, unsere Erwartungen und Vorstellungen zuhause zu lassen, wenn wir aufbrechen zu diesem „Tauchgang“. Zeugnis ablegen heißt dann, in diesem Zustand des Nicht-Wissens, der Konzeptlosigkeit, die sich ja oft wie Hilflosigkeit anfühlt (da wir nicht routinemäßig, automatisch, wie gewohnt reagieren können), zu verweilen. Ihn auszuhalten, freundlich zu beobachten, was passiert, wenn mich meine Gewohnheiten, meine Bewältigungsstrategien verlassen. Wer bin ich dann? Wie begegne ich dann anderen? Das wahrzunehmen und nicht davonzulaufen, so schmerzhaft es auch sein mag – das ist mein Verständnis von Zeugnis-ablegen.

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3 schätze: Erzähl uns doch bitte ein wenig über die Praxis der Zen-Peacemaker. Als Koordinatorin für die KreisZen-Aktivitäten der deutschsprachigen Zen-Peacemaker Gemeinschaft, bist Du hier ja sehr aktiv.

Kathleen Battke: Einiges sagen vielleicht schon die Sätze zur letzten Frage. Die Praxis des Nicht-Wissens, des Zeugnis-ablegens und der spontanen, liebevollen Handlungen, die daraus als soziale Praxis entspringen, sind eine Essenz für die ZenPeacemaker. Zudem sind sie dabei, die lange Tradition des hierarchischen, monastischen Zen um die geschwisterliche Struktur des Kreises zu bereichern, in dem wir alle sowohl Lehrende als auch Lernende und ZeugInnen des gegenseitigen Erwachens sind. Das berührt mich tief, und mit der Rolle einer Koordinatorin der KreisZen-Gruppen im deutschsprachigen Raum möchte ich gemeinsam mit meinen WeggefährtInnen dazu beitragen, diese reiche, transformierende Praxis zu stärken.

Voraussichtlich wird am 18.10. eine weitere Autorin anwesend sein. Im Anschluss an die Lesung ist Zeit für Meditation und Austausch im Kreisgespräch.

zenpeacemaker-logoInformationen

… über das Buch, das in der edition steinrich erschienen ist: www.janando.de/steinrich

… über die Herausgeberin Kathleen Battke: www.zukunftspioniere.com

… über den gastgebenden Ort, 3 schätze: www.3-schaetze.de

… zum kontemplativ-engagierten Weg der ZenPeacemaker: www.zenpeacemakers.de

Ich und „die Anderen“ – Wie gehen wir mit Fremdheit um?

Am 18.10.2015 bei 3 schätze – Lesung mit Kathleen Battke aus: „AschePerlen. Pearls of Ash and Awe – Zeugnisse aus 20 Jahren Friedenspraxis in Auschwitz

1996 ging Zen-Meister Bernie Glassman zusammen mit 150 weiteren Menschen aus zehn Nationen das erste Mal nach Auschwitz, um Zeugnis abzulegen. Seither findet dort alljährlich ein interreligiöses, multikulturelles Retreat als friedensstiftende Praxis statt. Im November 2015 wird dies zum zwanzigsten Mal geschehen.

An diesem Ort, an dem millionenfacher Mord zur Maschinerie wurde, begegnen die Teilnehmenden (jedesmal zwischen 80 und 150) nicht nur den Schrecken der Vergangenheit, sondern vor allem auch ihrem inneren Opfer bzw. Täter, ihren persönlichen Grenzen der Menschlichkeit. In der Begegnung mit anderen Teilnehmenden aus aktuellen Krisengebieten – Ruanda, Palästina+Israel, Serbien+Bosnien – kommen sie den eigenen Mechanismen im Umgang mit dem Anderen, dem Fremden auf die Spur.

Das ist nicht nur Vergangenheitsbewältigung und Versöhnungsarbeit zwischen Deutschen, Juden und Polen. Es ist – gerade in diesen Wochen der Flüchtlingsströme – hochaktuelles Friedensengagement. Eine demokratiefördernde, resilienzstärkende Praxis, die tief bewegt und das Leben vieler verändert hat.

Kathleen Battke, Bonner Biografin und Leiterin von Schreibwerkstätten, hat zum 20. Jubiläum des Zeugnis-Ablegen-Retreats in Auschwitz-Birkenau gemeinsam mit Ginni Stern (USA, Jüdin) und Andrzej Krajewski (Polen) einen zweisprachigen Sammelband mit Erfahrungsberichten publiziert. Das Buch „AschePerlen – Pearls of Ash and Awe. Zeugnisse aus 20 Jahren Friedenspraxis in Auschwitz mit Bernie Glassman & ZenPeacemakers“ bündelt Zeugnisse von rund 80 Teilnehmenden aus 17 Nationen rund um den Globus und zwei Jahrzehnten.

Am Sonntag, den 18.10.2015, stellt die Publizistin, die selbst im kommenden November zum dritten Mal an dem Retreat teilnehmen wird und den Weg der ZenPeacemaker geht, von 15:00 bis 18:00 Uhr mit einer Lesung aus dem gerade erschienenen Buch diese mitmenschliche Friedenspraxis bei 3 schätze vor. Voraussichtlich werden 1-2 weitere AutorInnen anwesend sein. Im Anschluss an die Lesung ist Zeit für Meditation und Austausch im Kreisgespräch.

Im Vorfeld der Lesung hatte ich die Gelegenheit, ein kurzes Interview mit Kathleen Battke zu führen.

Informationen

… über das Buch, das in der edition steinrich erschienen ist: www.janando.de/steinrich

… über die Herausgeberin Kathleen Battke: www.zukunftspioniere.com

… über den gastgebenden Ort, 3 schätze: www.3-schaetze.de

… zum kontemplativ-engagierten Weg der ZenPeacemaker: www.zenpeacemakers.de