Pure Kôsan – Zen Vegetarische Küche – Ein Gespräch mit Christiaan Kôsan Degrande

Christiaan Degrande ist Belgier, Niederländisch sprechend, 1954 geboren und Zen-Mönch. Seit vielen Jahren kreuzen sich unsere Zen-Wege immer wieder, vornehmlich bei den Zen-Sesshins mit Meister Roland Yuno Rech in der Grube Louise im Westerwald. Wie ich, ist Christiaan ein begeisterter Koch (Tenzo) und arbeitet aktuell an einem Buch „Pure Kôsan – Zen Vegetarische Küche“. Zeit fur ein kleines Interview…

3 schätze: Christiaan, ich freue mich über die Gelegenheit zu diesem Gespräch. Bevor wir über die Besonderheiten der Zen-Küche sprechen, erzähle uns doch bitte zu Anfang kurz etwas zu Deiner Person und über Deinen Werdegang als Zen-Mönch und Tenzo.

Kôsan: Als Sohn eines belgischen Nato Offiziers lebte ich von 1964 bis 1983 in Siegburg (D). Nach meiner Ausbildung zum Zahntechniker und einer 8-jährigen Tätigkeit in Deutschland kehrte ich nach Belgien zurück, um mich selbständig zu machen. Meine Freizeit und Urlaube verbrachte ich mit Wandern und ging am liebsten in die Berge. Ich las Bücher des Extrembergsteigers Reinhold Messner, über seinen ersten Besuch im Pothala in Lhasa (Tibet), dem großen Tempel des tibetischen Buddhismus. So ist mein Interesse am Buddhismus entstanden und wächst nach und nach.

Irgendwann hatte ich alles erreicht was ich mir gewünscht habe, Familie, eigenes Haus, eigenes Geschäft… dann stellte ich fest, dass dies nicht der Sinn meines Lebens sein konnte, und am Ende des letzten Jahrhunderts landete ich unbewusst in einem Burnout mit all seinen Folgen (Scheidung, Insolvenz …). Auf der Suche nach dem tieferen Sinn meiner Existenz tauchte ich in eine alternative, esoterische und spirituelle Welt ein. Ich fand Arbeit in einem Zentrum für persönliche Entwicklung, wo ich mit Unterstützung feiner Kollegen das Kochen lernte. Gleichzeitig vertiefe ich mich in die buddhistische Philosophie und entdecke den Soto Zen Buddhismus. Schnell wurde beides eins. Was gibt es schöneres als Menschen zu ernähren im Zen-Geist. Gesunde Ernährung, Bio, PermaKultur, all das integriert sich in meinem Schaffen und Sein. Ein neues Leben hatte Gestalt angenommen.

3 schätze: Wir teilen beide dieselbe Leidenschaft, für andere Menschen zu kochen und mögen es, in Gemeinschaft zu essen. Nun schreibst Du mit „Pure Kôsan – Zen Vegetarische Küche“ ein Buch über diese besondere Form des Essens und seiner Zubereitung. Was erwartet uns in diesem Buch und wann wird es erscheinen?

Kôsan: Ich möchte ein allumfassendes Buch machen. Ein Art Nachschlagewerk mit Zen-Texten, über den Geist in der Zen Küche, die Rituale, die Sutren, Rezepte, die Art des Essens, …

Ich weiß, dass dies sehr ehrgeizig ist und dass dies Zeit braucht. Ich lasse mir Zeit aber ich habe eine Website gemacht, auf der man schon einiges nachlesen kann. Vorerst ist dies noch in französisch. (die Idee entstand in der Zeit, als ich im Tempel La Gendronniere (F) war.

Es werden auch kleinere Broschüren herausgegeben. Ich versuche, die erste über die „Guen Mai“ (Reissuppe) im Mai zu veröffentlichen.

3 schätze: Wie wählst Du Deine Speisen aus und was inspiriert Dich besonders, Deine Art des Kochen zu praktizieren?

Kôsan: Inspiration finde ich überall. Bücher, Fernsehen, schöne Fotos, bei Kollegen und, und, und. Dann frage ich mich, wie ich dies, auf eine schonende und einfache Weise für eine größere Gruppe machen kann. Dabei schaue ich mir auch an, was mir die Jahreszeit vor Ort zu bieten hat, Bio- und möglichst aus Permakultur. Es soll ausgewogen sein, geschmackvoll, farbenfroh aber einfach gemacht und möglichst gut nach zu machen sein.

“Kochen mit unser Buddha-Natur“

3 schätze: Meister Dogen spricht im Tenzo Kyokun, den Anweisungen für den Koch, von den drei Herzen als Haltung des Kochs in einer Klostergemeinschaft. Wie fließen das dort beschriebene freudige Herz, das alte Herz und das grosse Herz in Deine Praxis und die Zubereitung der Mahlzeiten ein?

Kôsan: Wenn man das Tenzo Kyokun gründlich liest und wieder liest, merkt man, dass diese metaphorische Empfehlungen, Richtlinie für das Leben sind. Wenn man sie integriert, in sein Leben und die Art des Kochens, dann wird es Leidenschaft. Obwohl es zum Erklären sehr komplex ist, ist es in der Ausführung einfach, weil es natürlich ist.

Man kann sagen “Kochen mit unser Buddha-Natur“, “Kochen mit jenseitigem Geist”, mit Herz und Seele und mit Gefühl und Mitgefühl für alles was uns umgibt.

3 schätze: Das Einnehmen der Mahlzeiten ist in einer Zen-Gemeinschaft ein eigenes Ritual und erscheint manchen Menschen oft kompliziert und undurchsichtig. Kannst Du z.B. etwas über das Essen mit mehreren Schalen und die Rezitationen sagen? Welchen Wert gibst Du dieser formalen Art des Essens?

Kôsan: Das rituelle Essen erscheint tatsächlich manchen Menschen oft kompliziert und undurchsichtig. Wenn wir wissen, warum wir so essen, ist es ziemlich einfach. Es ist ein traditionelles Ritual aus der japanischen Soto-Zen-Praxis, das seine Logik in jeder Geste findet. Es spielt keine Rolle aus wievielen Schüsseln wir essen, der Geist in dem wir essen, ist wichtig.

Aus drei Schalen zu essen, ist in vielen Zen Sangha’s Tradition. Es ist eine Handlung, die in jeder Geste Aufmerksamkeit verlangt. Und das ist es, was es schwierig machen kann; die Aufmerksamkeit in dem, was wir tun, in dem, was wir essen, zu behalten.

Die Rezitationen können uns helfen bewusster zu sein. Essen ist sich ernähren; nicht nur körperlich, es kann auch geistig sein. Die Qualität unserer Ernährung trägt mit dazu bei wie wir leben.

3 schätze: Bernie Glassman hat mal gesagt: „Jeder von uns kann der Koch seines eigenen Lebens sein“. Welche Verbindungen siehst Du in der Praxis als Tenzo und dem alltäglichen Leben?

Kôsan: Das Leben ist wie Kochen. Finde die richtigen Zutaten, behandle sie mit Mitgefühl und Respekt, wasche sie, teile sie in Portionen auf, setze sie kreativ zusammen und mische sie mit gut ausgewählten Gewürzen und serviere sie mit großer Sorgfalt. Dann kannst Du in Freude und Harmonie mit dem, was ist, essen (leben).

3 schätze: Seit vielen Jahren biete ich mit der Monks Kitchen bei 3 schätze eine offene Küche für wechselnde Gemeinschaften an, in der Menschen auch einen Hauch von Zen erfahren können. Wirst Du in Zukunft in erster Linie für Zen-Gemeinschaften und während Sesshins kochen oder bietest Du Deine Künste auch anderweitig an?

Kôsan: Im Moment koche ich oft auf Sesshins (vor allem in Belgien, Frankreich und Deutschland) aber manchmal auch für andere Gruppen außerhalb des Zen. Das erfordert eine Menge Energie aber es macht auch Riesen Spaß.

Die Zukunft wird zeigen, wo der Weg hingeht. Ich schaue nicht zu sehr in die Zukunft…

3 schätze: Herzlichen Dank für dieses Interview.

 

Kontakt:

Christiaan Kôsan Degrande
www.purekosan.com
E-Mail: kosan@skynet.be

 

Gedanken aus der Küche

Vor jeder Mahlzeit lesen wir in der Monk´s Kitchen die „Fünf Betrachtungen über das Essen“. Dies ist ein schöner Akt, um anzukommen und das gemeinsame Mittagessen einzuleiten. Ich bin dankbar dieses kleine Ritual mit Euch teilen zu können, denn es bietet mir immer wieder die Möglichkeit meinen Fokus auf das Geben, das Empfangen und das Teilen zu richten. Hier ein paar Gedanken…

Erstens: Ich denke daran, woher diese Speise kommt und wie viel Arbeit damit verbunden war.

Die Monk´s Kitchen wird möglich, weil ich jede Woche Gemüse geschenkt bekomme, welches für den Verkauf im Hofladen/Leyenhof nicht mehr geeignet erscheint. Dabei ist es meistens wirklich gutes Bio-Gemüse, welches hier immer wieder Verwendung findet und uns leckere Mahlzeiten in Gesellschaft ermöglicht. Bevor das Essen hier auf den Tisch kommt, haben unzählige Kleintiere den Boden dafür bereitet, Bauern haben auf dem Feld geschwitzt, es wurden Stromleitungen bis in meinen Herd verlegt und und und…

Zweitens: Beim Empfang des Essens ist mir mein eigenes Handeln bewusst.

Die Rückkehr zum gegenwärtigen Moment und das Erleben von Gemeinschaft ist das Herz der Monk´s Kitchen.

Drittens: Ich achte darauf, nicht zerstreut oder gierig zu sein.

Im Zen werden die formalen Mahlzeiten mit den sog. Oryoki eingenommen. Oryoki bedeutet „das, was gerade genug enthält“ und ist ein Set von verschiedenen Schalen unterschiedlicher Größe für Reis, Gemüse etc. Das Oryoki Essen erfordert einerseits eine gewisse Aufmerksamkeit die verschiedenen Schalen „richtig“ zu handhaben. Gleichzeitig eben auch ein Zufriedensein mit dem was die Schalen fassen können. Nicht gierig sein drückt sich auch in den Spenden am Ende der Mahlzeiten aus. Da das Essen keinen festen Preis hat, bei dem ich überlegen muss, ob ich es mir leisten kann oder nicht, ermöglicht das Spenden ein freies Geben ohne etwas zurückhalten zu müssen.

Viertens: Ich schätze dieses Essen, weil es Körper und Geist gesund erhält.

Im japanischen Original heißt es wörtlich „Essen ist gute Medizin und heilt uns von Altern und Tod“ oder auch „Wir nehmen diese Nahrung zu uns wie Medizin für die Gesundheit des Körpers„. Körper und Geist sind gesund, wenn sie verbunden/nicht-getrennt sind, wenn unser Denken mit unseren Handlungen übereinstimmt.

Fünftens: Ich empfange diese Gabe, um allen Wesen zu nutzen.

An dieser Stelle möchte ich Danke sagen für die immer wieder schöne gemeinsame Zeit an meiner Tafel. Im Zen sagt man: „Auf mich selbst achtend, achte ich auf die anderen, auf die anderen achtend, achte ich auf mich selbst.“

Küche und Glaubensschätze

Seit 6 Jahren verarbeite ich in der Monk´s Kitchen aussortiertes Gemüse eines Bonner Biohofs zu schmackhaften Mahlzeiten. Zweimal pro Woche trifft sich eine wechselnde Gemeinschaft (manch einer kommt allerdings auch schon seit 6 Jahren jede Woche wieder hierher), um gemeinsam zu Mittag zu essen und Gespräche über das Leben zu teilen. Manchmal ist es tiefgründig, manchmal alltäglich und irgendwie immer bereichernd.