Samala – Einheit, Nichts und Unendlichkeit

Ein Interview mit Samira (Souady Bakic)

Die Corona Pandemie dauert nun schon ein ganzes Jahr lang und für viele Menschen bedeutet dies eine Einschränkung in ihrem gewohnten Leben, finanzielle Sorgen, emotionale Grenzerfahrung usw. Viele wünschen sich ihr altes Leben zurück, obwohl es möglicherweise eher an der Zeit wäre, umzudenken und neue Perspektiven zu entwickeln. Samira (Souady Bakic) hat in dieser Zeit der Krise etwas für sich entdeckt, was ihr Freude macht und womit sie auch anderen eine Freude machen kann. Samira knüpft Malas von besonderer Schönheit, die sie Samalas nennt…

3 schätze: Liebe Samira, magst du uns zu Beginn einfach etwas von dir erzählen?!

Samira: Lieber Patrick, zuersteinmal danke ich Dir für die Einladung zum Interview und für das Kompliment. Ja, ich freue mich, dass meine Samalas anderen solch eine Freude bereiten! Das ist wirklich ein Herzensprojekt, dass ganz unerwartet im letzten Jahr quasi aus sich heraus „geboren wurde“. Auch bei uns lief ja im letzten Jahr einiges anders. Eigentlich bin ich hauptberuflich Therapeutin, selbständig in eigener Praxis (Praxis Feinsinn) und begleite Menschen insbesondere mit Craniosacralen Behandlungen. Zudem bin ich Mutter von zwei Jungs im Alter von acht und zehn Jahren. Durch die Coronazeit ergab es sich, dass ich sehr viel mehr Zeit Zuhause verbracht habe. Ich schaue immer, wie ich das beste aus dem Moment machen kann. Da die Zeiten auch für mich mitunter fordernd waren, ich aber viel Freude hatte Malas zu knüpfen, habe ich die Zeit mit Freude gefüllt. Dabei ist dann meine eigene Art zu knüpfen entstanden.

3 schätze: Wie bist Du auf die Idee gekommen Malas zu knüpfen? Ist sie aus deiner eigenen Meditationspraxis entstanden?

Samira: 🙂 Jein – es war eher ein Weg ..also meine ganz persönliche tägliche Meditationspraxis besteht immer aus dem Sitzen in Stille, Innenschau und einer Art Liebende-Güte-Meditation zum Abschluß. Da ich aber neugierig und experimentierfreudig bin kommt es immer wieder dazu, dass ich ergänzend etwas ausprobiere und nachfühle, wie es für mich ist – auch um verschiedene Möglichkeiten für meine Patienten zu entdecken und im Repertoire zu haben.
Vor einigen Jahren habe ich durch Zufall das Gayatri-Mantra als Konzertmitschnitt von Deva Premal gehört – das hat mich zutiefst berührt! Ich begann immer mehr zu hören, selber zu singen, zu rezitieren und darüber zu lesen. Nun stellte ich fest, dass sich mein inneres Empfinden auf eine positive und auch spezifische Weise verändert wenn ich Mantren höre, singe oder rezitiere. Ich habe dann begonnen zu beobachten welches Mantra – was in mir bewirkt und habe somit eine zuätzliche Meditationspraxis für mich entdeckt. Da in der hinduistischen und buddhistischen Tradition gelehrt wird eine 108fache (oder ein vielfaches von 108) Wiederholung des Mantras sei besonders heilsam kam ich auf die Idee mir eine eigene Mala herzustellen. Die sah allerdings noch ein wenig anders aus, als die Samalas jetzt und zu dem Zeitpunkt hätte ich niemals gedacht, dass daraus so ein wunderbares Projekt entsteht!

3 schätze: Wie findest du, neben Job und Familie, die Zeit und Muße für diese Arbeit?

Samira: Ja, da ist vor allem der Zeitfaktor entscheidend. In der Praxis ist coronabedingt ziemlich wenig los, aber das Homeschooling aktuell und auch das Begleiten der Kinder in dieser schon lange andauernden Ausnahmesituation benötigt sehr viel Zeit und Aufmerksamkeit. Doch ergibt sich zwischendurch immer mal ein guter time slot und dann ist es richtig erhellend, beschwingend und herzerfüllend, wenn man eine gewisse Zeit in die Atmosphäre eines Mantras eintaucht.

3 schätze: Wie wählst du ein Mantra für eine bestimmte Samala aus?

Samira: Das geschieht immer ganz intuitiv während der Vorbereitung.

3 schätze: Malas haben in der Regel 108 Perlen. Wofür steht diese Zahl und was bedeutet sie für dich?

Samira: Es gibt unzählige (mystische, astrologische und numerische) Gründe wofür die 108 steht und warum sie insbesondere im Hinduismus als heilig gilt (beispielsweise haben einige Gottheiten 108 Namen, 9 und 12 – ebenfalls heilige Zahlen multipliziert ergeben 108, es gibt wohl 108 Energiezentren im Ayurveda…).

Für mich persönlich ist in 1-0-8 alles enthalten, was uns in unserer Essenz ausmacht: Die Einheit, das Nichts (in dem alles enthalten ist) und die Unendlichkeit! Das immer wieder zu erinnern ist erfahrungsgemäß mehr als wohltuend.

3 schätze: Wie nutzt man eine solche Samala und wie kann man mit ihr eine Praxis entwickeln?

Samira: Zuersteinmal ist man absolut frei! Viele tragen sie wie eine Kette und für einige ist sie eine Art Amulett geworden. Ich bekomme häufiger wunderbare Rückmeldungen über Wohlempfinden und Sich-Gestärkt-Fühlen beim Tragen der Samala und Entspannungsempfinden beim Berühren der Perlen.
Natürlich kann man sie aber auch wie eine klassische Mala verwenden – beispielsweise so: Zuersteinmal benötigst Du ein passendes Mantra (wenn es Dich nicht gerade zu einem bestimmten Mantra zieht, oder Du keines kennst, kannst Du sehr gut mit dem Mantra starten, mit dem Deine Samala geknüpft wurde). Du nimmst die Samala in Deine bevorzugte Hand und legst sie locker mit der Quaste in Deine Hand, am besten über den Mittelfinger, so dass Dein Daumen auf der ersten Perle liegt. Nachdem Du Dich auf Deine Weise auf die Meditation eingestimmt hast und zur Ruhe gekommen bist, kannst Du nun Dein Mantra mit jeder Perle innerlich leise oder laut sprechen oder auch singen. Dein Daumen wandert immer zur nächsthöheren Perle und bewegt sie sanft nach unten – so wanderst Du von Perle zu Perle, bis Du wieder bei der Quaste angekommen bist und Dein Mantra 108 Mal wiederholt hast. Nun lohnt es sich eine kleine Pause einzulegen um nachzuspüren, wie es sich für Dich anfühlt. Wenn Du magst kannst Du auf diese Weise fortfahren, oder Deine Meditation beenden. Zum Abschluß erweist es sich als sinnvoll, noch einmal gut in den Körper zu spüren und sich insbesondere über den Kontakt mit dem Boden/der Erde bewusst zu sein.

3 schätze: Arbeitest Du in Deiner Praxis neben Cranio auch mit Meditation oder Mantren?

Samira: Im Grunde hat auch jede Cranio-Behandlung so wie ich sie angehe etwas von einer gemeinsamen Meditation. Indem ich innerlich mit der Stille verbunden bin, halte ich für meine Patienten, die ja mit einem Anliegen, einem Problem, einer seelischen/emotionalen/körperlichen Beschwerde kommen einen ruhigen und geborgenen Raum, in dem wir uns gemeinsam anschauen können, was sich da zeigen und lösen mag und/oder was gebraucht wird, um wieder vollständig in die eigene Kraft und auf den eigenen Weg zu kommen. Das kann auf der strukturellen Ebene sein, oder auf allen anderen. Durch diese Herangehensweise braucht es nur wenige und feine Impulse, damit der Körper sich selber reguliert.
Einige Patienten entwickeln durch das gemeinsame Nach-Innen-Schauen bzw -Fühlen den Wunsch in eine eigene Meditationspraxis zu starten und dabei begleite ich sie gerne.

Ja und es hat sich auch schon ergeben, dass mir bei dafür aufgeschlossenen Patienten während der Behandlung ein Mantra eingefallen ist, was sie in den folgenden Wochen dann unterstützend begleitet hat. Also schließt sich mal wieder ein Kreis 🙂

3 schätze: Herzlichen Dank für dieses Interview 🙏

Samira: Ich danke Dir von Herzen lieber Patrick – alles Liebe! 🙏

 

Kontakt:

www.aufalldeinenwegen.de

Samala@aufalldeinenwegen.de

www.praxis-feinsinn.de

Samira@praxis-feinsinn.de

 

 

 

Die Samalas kannst Du direkt bei Samira oder auch über 3 schätze beziehen.

Auf dem Weg mit Buddha – Ein Gespräch mit Paul H. Köppler

Paul Köppler ist Meditationslehrer und Autor verschiedener Bücher. Er versteht es, die Lehre des Buddha in einer modernen und zeitgemäßen Sprache zu präsentieren. Mit „Auf dem Weg mit Buddha“ legt er nun sein neuestes Werk vor. Zeit für eine Gespräch…

3 schätze: Lieber Paul, im Januar ist Dein neues Buch „Auf dem Weg mit Buddha“  herausgekommen. Ist dies wieder im Waldhaus Verlag erschienen und welche Themen hast du darin verarbeitet?

Paul Köppler: Das Buch ist erschienen und das auch wieder im Waldhaus-Verlag. Es bringt die wichtigsten Erkenntnisse aus der Arbeit in meinen Kursen und der eigenen Praxis.

Es enthält drei Ebenen:
1. Reflexion. Ich interpretiere die grundlegenden Reden des Buddha über Achtsamkeit und rege an, die richtigen Fragen zu stellen.
2. Erfahrungen: Eigene Texte, persönliche Erlebnisse und viele Berichte von Teilnehmern geben ein lebendiges, zeitgemäßes Bild von einer guten Praxis und sollen motivieren.
3. Übungen. Man kann es auch als ein Arbeitsbuch verstehen, das viele Übungen des Buddha aber auch aus anderen Traditionen enthält, die uns stärken und zur Einsicht führen.

3 schätze: Planst du für 2021 Lesungen und/oder Retreat zu diesem Themenfeld oder ist dies wegen Corona aktuell noch völlig offen?

Paul Köppler: Lesungen wird es geben, doch wann und wo ist noch offen. (Gerne auch in der Buchhandlung 3 schätze). Demnächst wird es ein kurzes Video mit einigen Auszügen geben.

3 schätze: Gerne können wir eine Lesung bei 3 schätze organisieren, sobald solche Treffen wieder möglich werden. In wie weit war/ist das Haus Siddharta in Bonn von den Einschränkungen durch Corona betroffen? Wie wirkt sich dies auf eure gemeinsame Praxis aus?

Paul Köppler: Wie alle Zentren war und ist Haus Siddharta und das Waldhaus geschlossen. Der Verein Buddhismus im Westen, der beide Zentren betreibt, hat natürlich Probleme, doch mit Hilfe vieler Spenden, Kurzarbeit und Fördergelder kommen wir bis jetzt über die Runden und hoffen, dass bald wieder wenigstens ein eingeschränkter Betrieb möglich ist.

3 schätze: Gab es für dich ein sehr besonderes Ereignis oder eine besondere Begegnung während der letzten Monate mit Corona?

Paul Köppler: Am meisten hat mich beeindruckt, dass unsere Online-Angebote so gut angenommen wurden und alle Menschen, die Achtsamkeit üben und mit denen ich in Kontakt war, sehr gut mit den Einschränkungen und den Leiden umgegangen sind. Viele nutzen die Zeit des Rückzuges sehr gut für die eigene Praxis und ich selbst habe auch davon profitiert, denn das vergangene Jahr gab mir die Zeit, mein Buch nochmals zu überarbeiten und fertigzustellen.

Außerdem hatte ich online die Gelegenheit viele Vorträge zu aktuellen Themen zu halten und so nach und nach werden sie auf meinem YouTube Kanal eingestellt.

3 schätze: Herzlichen Dank für dieses Gespräch.

Bestellungen an 3 schätze oder den Waldhaus Verlag.

Zur Person: Paul Köppler leitet das buddhistische „Haus Siddhartha“ in Bonn-Bad Godesberg. 1984 gründete Paul Köppler den Verein „Buddhismus im Westen“, der auch ein eigenes Seminarhaus betreibt, das Waldhaus am Laacher See. Er war von 1999 bis 2001 stellvertretender Sprecher der Deutschen Buddhistischen Union, dem Dachverband der Buddhisten in Deutschland. Paul Köppler steht in der Tradition von Godwin Samararatne und Ruth Denison und ist außerdem Mitglied im Intersein-Orden von Thich Nhat Hanh.

Filmprojekt: Blueprints for Zen-Practice – Ein Gespräch mit Thorsten Heisan Schäffer

Thorsten Heisan Schäffer ist Zen-Mönch in der Tradition von Zen-Meister Roland Yuno Rech. Mit ihm führte er ein erstes Interview, welches der Beginn des Filmprojekts Blueprints for Zen-Practice sein sollte. 9 Fragen nach Erleuchtung, Ego, Leiden, Zen im Alltag usw. liefern die Grundlage für dieses Projekts. Nach einer Vielzahl von Interviews ist der Film nun (fast) fertig. Zeit für ein Gespräch…

3 schätze: Hallo Thorsten, schön, dass wir dieses Interview machen können. Erzähl uns doch zu Beginn kurz etwas zu Deiner Person.

Heisan: Da gibt´s nicht viel zu erzählen. Ich bin Zen-Mönch in der Tradition des Soto, verheiratet und Vater von zwei wunderbaren Kindern, Buch-Autor und praktiziere seit knapp 20 Jahren Zazen in der Linie von Roland Yuno Rech. Schon seit Kinderbeinen an faszinierte mich die Frage nach dem Sinn des Lebens, dem Sinn der Existenz. Diese Fragen brachten mich bereits mit 12 Jahren mit Zen in Kontakt.

3 schätze: Blueprints for Zen-Practice, das sind Gespräche mit Roland Rech, Olivier Wang-Genh, Muho, Alexander Poraj, Doris Zölls, Dirk Künne, Harry Teske, Nakagawa, Jion Blondstein, Anna Wassermeyer, Doko Waskönig und Christoph Hatlapa. Wann hattest Du die Idee zu diesem Filmprojekt und wann hast Du mit den Interviews begonnen?

Heisan: Die Idee schlummerte wohl schon etwas länger im Unterbewusstsein und basierte auf einem Film, den ich vor vielen Jahren gesehen hatte. Darin besuchte ein Mann verschiedene weise Männer und Frauen in Indien und stellte ähnliche Fragen wie ich in den Interviews.

Irgendwann war die Idee für dieses Filmprojekt dann völlig klar und ich „sah“ den Film bereits im Geiste. Einige Zeit später brachte ich zum Sesshin dann einfach die Kamera mit, erzählte meinem Lehrer von der Idee und er fragte mich, wann ich denn das Interview machen wolle. Ich antwortete ihm „Am liebsten sofort.“ Er war etwas überrascht, willigte aber ein am nächsten Tag das Interview durchzuführen. So fing alles an.

3 schätze: Der Film trägt den Untertitel „Einzigartige Dialoge mit europäischen Zen-Meistern über die Praxis des Zen“. Wie hast Du die verschiedenen Lehrer und Lehrerinnen gefunden, die im Film zu sehen sind.

Heisan: Mit einigen Lehrern war ich schon vorher im Kontakt. Die meisten habe ich aber über deren Webseiten ausfindig gemacht und habe ihnen einfach eine E-Mail geschrieben. Um ehrlich zu sein war ich etwas überrascht über die weitestgehend schnelle und positive Resonanz.

Da es mir wichtig war, nicht nur das Interview durchzuführen, sondern die Unterweisung in Form der Praxis jedes einzelnen Lehrers direkt zu erfahren, besuchte ich die Sesshins der Lehrer. Meist blieb ich ein bis zwei Nächte und so hatten wir Zeit für die Interviews.

Es war spannend und bereichernd, die Art der Unterweisung der unterschiedlichen Lehrer kennen zu lernen. Auch die Praxis der verschiedenen Traditionen wie Rinzai oder Soto, deren Ähnlichkeit und Unterschiede, waren für mich überaus interessant. So konnte ich die Erfahrung der Koan-Arbeit machen, die deutlich schnellere Rezitation der Rinzai-Schule, aber auch die unterschiedlichen Schwerpunkte der verschiedenen Soto-Lehrer kennenlernen.

3 schätze: Waren alle angefragten Lehrer*innen dem Projekt gegenüber aufgeschlossen oder hast Du auch Absagen bekommen?

Heisan: Es gab Lehrer, die sofort, ohne mich oder die Interviewfragen zu kennen, spontan zusagten ohne irgendwelche Rückfragen zu stellen. Viele wollten die Interviewfragen bewusst nicht einmal vor dem Termin erhalten, da sie frisch und ohne Vorbereitung aus dem Augenblick heraus die Fragen beantworten wollten. Das hat mich durchaus beeindruckt. Dann gab es Lehrer, die ohne irgendwelche Rückfragen zu stellen, mir ausrichten ließen, dass sie kein Interesse an diesem Filmprojekt hätten.

Aber es gab auch Sonderfälle, die mir zunächst dutzende Fragen zurück sendeten, mit der Bitte, diese zunächst zu beantworten. Nachdem ich bis zu 12 Fragen beantwortet hatte, zum Beispiel welche anderen Lehrer noch im Film vorkommen, wie der Film heißen soll, wie er veröffentlich wird und welche Fragen ich stellen würde, erhielt ich dann eine Absage.

Insgesamt schrieb ich etwa 18 Lehrer an. Interviews habe ich dann aber nur mit 12 Lehrern geführt und das hat dann auch gereicht. Ich habe es mir weniger anstrengend vorgestellt, die einzelnen Lehrer in Frankreich und ganz Deutschland zu besuchen, als es schlussendlich war. Meine Frau war übrigens auch erleichtert, als ich soweit alle Interviews im Kasten hatte und wieder mehr Zeit zu Hause verbrachte [Lachen].

Einen Lehrer, und das bedaure ich zutiefst, habe ich nicht mehr besucht, da die Zeit und Energie aufgebraucht war. Es handelt sich um Marcel Geisser, der in der Schweiz im Haus Tao praktiziert und den ich durch seine Bücher und unseren E-Mail Kontakt sehr schätze. Aber die Energie war einfach vorbei und so habe ich ihn nicht mehr besucht und persönlich kennenlernen können.

9 Fragen 9 Antworten

Die folgenden 9 Fragen wurden allen Zen-Meistern gestellt:

1. Wer bist du?
2. Was ist Erleuchtung? Was ist Erwachen?
3. Benötigt dieses Erwachen irgendwelche Voraussetzungen?
4. Was ist Zazen und wie praktiziert man es?
5. Wie können wir als Mensch das Leiden überwinden?
6. Was bedeutet „Das Ego zu überwinden“?
7. Was bedeutet Hingabe im Zen-Buddhismus?
8. Wie praktiziert man Zen im Alltag?
9. Was ist dein wichtiger aber kurzer Hinweis für Praktizierende?

3 schätze: Du hast jedem Lehrer, jeder Lehrerin dieselben neun Fragen gestellt. Waren dies auch Deine Fragen, die sich Dir im Laufe Deiner Praxis gestellt haben?

Heisan: Ja und nein, ich denke dass jeder Schüler sich mit den Fragen nach Erleuchtung und Erwachen, nach der Überwindung des Leidens und der Funktionsweise des Egos beschäftigt. Aber ehrlicherweise stammen die Fragen aus dem besagten Film, der mich zu „Blueprints for Zen-Practice“ inspiriert hat. Ich habe die Fragen etwas auf die Zen-Praxis angepasst und jeder Lehrer erhielt die selben neun Fragen.

3 schätze: Du sagtest vorhin, dass die Entstehung der Interviews immer auch mit einer gewissen Zeit der Praxis in den verschiedenen Zen-Sanghas zusammen hing. Was waren für Dich die gravierensten Unterschiede und gab es etwas, was Du überall wiedergefunden hast?

Heisan: Interessant war für mich vor allem, dass ich mich nicht wie sonst einfach ins Sesshin hineinfallen lassen konnte. Die Abläufe waren etwas unterschiedlich und ich fühlte mich bei manchen Sesshin, vor allem in der Rinzai-Tradition, wie ein blutiger Anfänger.

Das war eine wunderbare Erfahrung. Alle angelernten Abläufe, Routinen und Rituale der letzten 20 Jahre mussten losgelassen werden. Diese Erfahrung war sehr bereichernd.

Im Rinzai-Tempel zum Beispiel gab es das Holz, die große Glocke und das Metall, aber sie wurden auf eine andere Art und Weise genutzt. Das sitzen mit dem Gesicht in den Raum, die Koan-Praxis, die Handhaltung und das Tee-Ritual vor dem Zazen war auch so ein Beispiel.

Aber schlussendlich gab es auch viele Gemeinsamkeiten. Allen gemeinsam war zum Beispiel die Offenheit und Herzlichkeit, die mir entgegen gebracht wurde und die vermutlich typisch für das Zen im Allgemeinen ist. Ein paar der Lehrer waren offener, andere etwas verschlossen und wollten gerne ihren Lehrer-Status demonstrieren. Aber schlussendlich waren es immer interessante Begegnungen und Erfahrungen.

3 schätze: Gibt es hierzu eine Anekdote, eine besondere oder außergewöhnliche Situation über die Du berichten kannst?

Heisan: Die Art der Rezitation im Rinzai-Zen hat mich stark beeindruckt. Die Zeremonie hat zweimal täglich mit sechs oder sieben verschiedenen Texten und mehrfachen Wiederholungen über 45 Minuten stattgefunden. Dabei hat das Tempo mit jeder Wiederholung zugenommen, was eine starke Konzentration und Energie erzeugte, ähnlich der Kito-Zeremonie im Soto. Ich habe das Hakuin Sutra, das Hakuin Zenji Zazen Wasan, das es so im Soto nicht gibt, auf Grund seines Rhythmus und seiner Energie, aber auch auf Grund seiner Aussagen sehr zu schätzen gelernt.

3 schätze: Die Antworten Deiner Interviewpartner*innen sind teilweise recht unterschiedlich. Am Ende des Trailers sagst Du, sie entstammen der selben Essenz. Wie würdest Du die Essenz des Zen beschreiben?

Heisan: Wenn ich sage, dass alle Antworten aus der selben Essenz stammen, meine ich damit nicht die Essenz des Zen. Damit pressen wir die Wirklichkeit doch wieder nur in ein Konzept. Es ist die Essenz des Lebens, das von Augenblick zu Augenblick geschieht. Man kann diese Essenz nicht auf ein Wort wie Zen reduzieren, noch könnte ich sie dir mit Worten beschreiben.

3 schätze: Du bist, zumindest in unserer Zen-Linie, einer der wenigen, die stark auch mit modernen Medien arbeiten. So hast Du über Deinen YouTube-Kanal schon viele Videos und Anleitungen zur Zen-Praxis verbreitet. Gleichzeitig leitest Du auch eine Zen-Gruppe und bietest Zen-Tage und Sesshins an. Magst Du dazu etwas erzählen?

Heisan: Auweia, ja der YouTube-Kanal [Lachen]. Nach meiner Mönchsordination 2018 war da eine unglaubliche Energie die mich getragen und geleitet hat. Da ich auf einem kleinen Dorf wohne und nicht die Einwohnerzahl habe, um ein Dojo oder eine größere Gruppe aufzubauen, entstanden neue Wege, die Praxis an andere Menschen weiterzugeben oder zugänglich zu machen.

Anfang 2019 fiel die Entscheidung, dieses Jahr vollständig dem Zen-Weg zu widmen und ich hatte mich dazu weitestgehend aus beruflichen Aktivitäten zurückgezogen. Es war ein spirituelles Jahr oder Sabbatical wie man es heute nennt. Das Filmprojekt „Blueprints for Zen-Practice“ war ein Bestandteil davon. Die Videos in meinem YouTube-Kanal als auch die Sesshins und Zen-Tage, bei denen die Videos entstanden sind, war ein weiterer Punkt.

Außerdem kursieren nach wie vor so viele verrückte Ideen über Zen und die Praxis des Zazen, wie zum Beispiel, dass man seine Gedanken zum Stillstand bringen oder Schmerzen während Zazen aushalten müsste, um irgendwelche Bewusstseinserfahrungen zu machen. Auf Sesshins habe ich immer wieder Teilnehmer erlebt, die Schmerzmittel eingenommen haben, um die Schmerzen in den Knien zu unterdrücken und durchzuhalten. Diese Punkte waren wohl der erste Impuls mit den Videos zu starten.

Gerade in der heutigen Zeit kann ein spiritueller Weg wie der des Zen, der auf einer jahrtausende alten Tradition beruht, Menschen helfen sich mit sich selbst und ihrem Leben auseinander zu setzen. Zen kann den Menschen in Krisenzeiten Hoffnung schenken und die Akzeptanz fördern, die Dinge für den Augenblick so sein lassen zu können, wie sie nun einmal sind.

Was nicht heißt, dass wir lethargisch alles akzeptieren und annehmen sollen. Vielmehr ist es auch ein Akzeptieren des „nicht-akzeptieren-könnens“ und ein ins Handeln kommen zum Wohle anderer und getragen durch Mitgefühl. Aus meiner Sicht ist der Zen-Weg ein sehr aktiver, lebensbejahender Weg der spirituellen Praxis, der uns hilft uns selbst besser kennen zu lernen und uns schlussendlich die Erfahrung schenken kann, dass wir bereits sind wonach wir suchen, ohne es jemals finden zu können.

3 schätze: Der Film erscheint 2020 ebenfalls auf Deinem YouTube-Kanal, kostenlos für alle, die mehr über Zen und die Praxis des Zen erfahren wollen. Wird es auch eine DVD geben?

Heisan: Bisher ist noch keine DVD geplant, da der Film, wie du schon sagst, kostenlos auf YouTube erscheinen wird. Was aber ein weiteres Projekt sein wird, ist das Buch zum Film.

Leider mussten die Antworten vieler Lehrer und Lehrerinnen für den Film geschnitten und gekürzt werden. Aus diesem Grund suche ich aktuell noch nach Menschen, die einzelne Interviews gerne abtippen möchten und so zu diesem Buchprojekt beitragen wollen. Da ein solches Projekt nicht nur vom persönlichen Engagement getragen wird, benötigen wir darüber hinaus auch finananzielle Unterstützung. Die Korrektur und das Lektorat zum Beispiel sind ziemlich kostspielig.

3 schätze: Du hast ja bereits einige Bücher zum Thema Zen geschrieben. Magst Du dazu etwas sagen?

Heisan: Gerne. Das erste Buch „Zen – Erleuchtung und andere Missverständnisse“ beinhaltet die gesammelten Tagebücher der ersten 10 Jahre meines eigenen Zen-Wegs. In diesem Sinne habe ich also kein Buch geschrieben, sondern lediglich meine Tagebucheinträge abgetippt. Es entstand aus dem Wunsch heraus, dass ich selbst zu Beginn meines Weges gerne ein solches Buch gelesen hätte und der Aufforderung eines befreundeten Mönchs, der mir, nachdem er mein erstes Tagebuch gelesen hatte, sagte: „Das sollten möglichst viele Zen-Einsteiger lesen.“ Ungeschönt und authentisch beschreibe ich darin, in welchen wirren Gedanken ich mich selbst zu Beginn regelmäßig verheddert habe und die Missverständnisse und Illusionen, denen wir auf dem Weg begegnen können.

Aus den Tagebucheinträgen bzw. den Gedichten, die im Laufe der Zeit entstanden sind, versehen mit einem kurzen Text, entstand dann auch das Buch „Der Geschmack des Schattens einer Pflaume“.

Das Buch „Die Wahrheit des Seins“ ist mein kläglicher Versuch, das was ich im Zen für mich als wahr erkannt habe, auf irgendeine Weise in Worte zu fassen. Es beinhaltet auf wenigen Seiten kurze Texte zu bestimmten Themen des Lebens. Dabei erhebt es natürlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit oder Wahrheit, aber es kann die eigene Praxis durchaus bereichern.

Das bisher letzte Buch „Zazen – Weil´s besser ist als rumsitzen und gar nichts tun“ entstand aus einer Sammlung von Blog-Artikeln und Beiträgen, die im Laufe der Zeit auf meiner Website entstanden sind.

3 schätze: Möchtest Du zum Abschluss noch etwas sagen?

Heisan: Ich bedanke mich von Herzen bei allen Lehrern und Lehrerinnen für die Teilnahme an diesem Projekt und für ihre Unterweisung und ihr Handeln in der Welt. Auch allen Menschen, die dieses Filmprojekt bisher finanziell mitgetragen haben und durch Spenden den Film und das Buchprojekt möglich machen, möchte ich von Herzen danken. Nicht zuletzt gebührt mein Dank aber auch meiner Frau und meiner Familie, die mich darin unterstützt haben, dieses Filmprojekt überhaupt möglich zu machen und mir die Zeit gaben, die verschiedenen Lehrer und Lehrerinnen zu besuchen. Ich hoffe mit diesem Film einen kleinen Beitrag zur Verbreitung der Zen-Praxis leisten zu können.

3 schätze: Herzlichen Dank für dieses Interview.

Infos und Kontakt: www.blueprints-zen.info

Wenn Ihr Heisan in seiner Praxis und Weitergabe unterstützen möchtet, freut er sich über Spenden.

Den gesamten Film könnt Ihr hier ansehen.

Dieses Interview wird gleichzeitig auf der Webseite des San Bo Dojo veröffentlicht.