Die 3 Herzen des Kochs

Dogen Zenji sagt in seinem Tenzo Kyokun, den Anweisungen für den Koch, der Tenzo (Zen-Koch) solle mit der Kraft der drei Herzen praktizieren und das Essen zubereiten.

Das freudige Herz ist das Herz, welches mit Freude der Gemeinschaft dient. Da ist zum einen die Sangha, die Gemeinschaft derjenigen, die gemeinsam den Weg Buddhas praktizieren. Zum anderen kann man darunter auch die universelle Gemeinschaft verstehen. Als Menschen haben wir die Möglichkeit zu praktizieren und die Ungetrenntheit des Lebens zu erkennen. Als Tenzo kultivieren wir Bodhi-Geist, den erwachten Geist und die Freude des Gebens.

Das alte Herz oder das elterliche Herz, ist die Fürsorge, die keine Gegenleistung erwartet. Wenn wir in der Küche stehen und das Essen zubereiten, den Tisch decken und uns Mühe geben, erwarten wir oft eine gewisse Anerkennung und Wertschätzung für unser Tun. Das Herz der Eltern und Grosseltern benötigt kein Lob, um seine ganze Energie der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen.

Das grosse Herz, welches keine Unterschiede macht, nimmt alles so an, wie es kommt. Ob wir wertvolle, seltene Zutaten verwenden oder, wie in der Monk´s Kitchen, das aussortierte Gemüse eines Bio-Hofladens, welches an der ein oder anderen Stelle vielleicht schon schadhaft ist, als Zen-Koch behandeln wir alles mit Wertschätzung. Das grosse Herz vereint alle Zutaten zu einer schmackhaften Mahlzeit.

Für Kosho Uchiyama Roshi sind die drei Herzen grundlegend für die Zen Übung. Für ihn besteht Zen aus Ichiza, Nigyo und Sanshin. Ichiza bedeuet „Ein Sitzen“, also Zazen. Nigyo sind die zwei Praktiken, die Gelübde und die Reue und Sanshin sind die drei Herzen, die oft auch als „Drei Geisteshaltungen“ übersetzt werden. Shin ist sowohl der Geist, als auch das Herz. Der Koch sollte aus dem Herzen kochen…

Nicht ein einziges Reiskorn verschwenden…

Neulich sah ich in der 3sat Mediathek die Doku Rettung vor der Bio Tonne, in der es um die unglaubliche Lebensmittelverschwendung ging, wie wir sie in Deutschland und Europa finden können. In Deutschland werden so jährich 13 Mio. Tonnen Lebensmittel (90 Mio. in der EU) weggeworfen. Am Beispiel Frankreichs wurden unterschiedliche, große und kleine Projekte vorgestellt, die versuchen der Verschwendung, dem Wegwerfen von Lebensmitteln (mehr als 1/3 aller produzierten Lebensmittel), entgegen zu wirken. Von Lebensmittelretter*innen, die nachts containern gehen, Restaurants, die abgelaufene oder krumm gewachsen Lebensmittel verwerten, bis zu professionell organisierten Verteilerstellen und Supermarkt-Coaches, wurde eine Bandbreite an Aktivitäten vorgestellt.

„Nicht ein einziges Reiskorn zu verschwenden, ist der Geist des Weges“

Im Tenzo Kyokun, den Anweisungen für den Koch, sagt Zen-Meister Dogen „Nicht ein einziges Reiskorn zu verschwenden, ist der Geist des Weges“. Dogen, der von 1200-1253 in Japan gelebt hat, ermahnt uns, die Ressourcen zu achten, keine Lebensmittel zu verschwenden oder gar wegzuwerfen.

Zen ist nicht leicht aber auch nicht kompliziert. Sich einfach um die Dinge zu kümmern, die um einen herum existieren, z.B. die Lebensmittel, die wir in der Küche zur Verfügung haben, sind das Wesen des Zen. Während eines Sesshin zum Beispiel werden die Zutaten genau berechnet und abgewogen, so dass möglichst wenig übrig bleibt. Reste werden am selben oder am nächsten Tag in einer nächsten Mahlzeit verarbeitet. Für die Monk’s Kitchen darf ich Woche für Woche aussortiertes Gemüse eines Bioladens einsammeln, aus dem ich dann Mahlzeiten für die Gemeinschaft koche. Schalen und Gemüseabschnitt gehen zum Kompostieren wieder in den Kreislauf zurück. Das erfordert Flexibilität und Kreativität, doch die meisten Zutaten funktionieren einfach gut miteinander und es lohnt sich auszuprobieren, verschiedene Dinge zu kombinieren. Angestoßenes oder nicht genormtes Obst und Gemüse zu einer leckeren Mahlzeit zu verarbeiten, ändert Deine Haltung und transformiert Dein eigenes Leben. Das zu verarbeiten, was der Kühlschrank gerade hergibt, ist wie mit den Lebensumständen, die sich gerade jetzt bieten, umzugehen und bestenfalls zu tanzen…

Hier ein Video über die Monk´s Kitchen, welches Arnold Cosa zusammengestellt hat:

Gedanken aus der Küche

Vor jeder Mahlzeit lesen wir in der Monk´s Kitchen die „Fünf Betrachtungen über das Essen“. Dies ist ein schöner Akt, um anzukommen und das gemeinsame Mittagessen einzuleiten. Ich bin dankbar dieses kleine Ritual mit Euch teilen zu können, denn es bietet mir immer wieder die Möglichkeit meinen Fokus auf das Geben, das Empfangen und das Teilen zu richten. Hier ein paar Gedanken…

Erstens: Ich denke daran, woher diese Speise kommt und wie viel Arbeit damit verbunden war.

Die Monk´s Kitchen wird möglich, weil ich jede Woche Gemüse geschenkt bekomme, welches für den Verkauf im Hofladen/Leyenhof nicht mehr geeignet erscheint. Dabei ist es meistens wirklich gutes Bio-Gemüse, welches hier immer wieder Verwendung findet und uns leckere Mahlzeiten in Gesellschaft ermöglicht. Bevor das Essen hier auf den Tisch kommt, haben unzählige Kleintiere den Boden dafür bereitet, Bauern haben auf dem Feld geschwitzt, es wurden Stromleitungen bis in meinen Herd verlegt und und und…

Zweitens: Beim Empfang des Essens ist mir mein eigenes Handeln bewusst.

Die Rückkehr zum gegenwärtigen Moment und das Erleben von Gemeinschaft ist das Herz der Monk´s Kitchen.

Drittens: Ich achte darauf, nicht zerstreut oder gierig zu sein.

Im Zen werden die formalen Mahlzeiten mit den sog. Oryoki eingenommen. Oryoki bedeutet „das, was gerade genug enthält“ und ist ein Set von verschiedenen Schalen unterschiedlicher Größe für Reis, Gemüse etc. Das Oryoki Essen erfordert einerseits eine gewisse Aufmerksamkeit die verschiedenen Schalen „richtig“ zu handhaben. Gleichzeitig eben auch ein Zufriedensein mit dem was die Schalen fassen können. Nicht gierig sein drückt sich auch in den Spenden am Ende der Mahlzeiten aus. Da das Essen keinen festen Preis hat, bei dem ich überlegen muss, ob ich es mir leisten kann oder nicht, ermöglicht das Spenden ein freies Geben ohne etwas zurückhalten zu müssen.

Viertens: Ich schätze dieses Essen, weil es Körper und Geist gesund erhält.

Im japanischen Original heißt es wörtlich „Essen ist gute Medizin und heilt uns von Altern und Tod“ oder auch „Wir nehmen diese Nahrung zu uns wie Medizin für die Gesundheit des Körpers„. Körper und Geist sind gesund, wenn sie verbunden/nicht-getrennt sind, wenn unser Denken mit unseren Handlungen übereinstimmt.

Fünftens: Ich empfange diese Gabe, um allen Wesen zu nutzen.

An dieser Stelle möchte ich Danke sagen für die immer wieder schöne gemeinsame Zeit an meiner Tafel. Im Zen sagt man: „Auf mich selbst achtend, achte ich auf die anderen, auf die anderen achtend, achte ich auf mich selbst.“