Vom 15.02. bis 15.03.2014 zeigt 3 schätze Arbeiten von Jutta Merzdorf aus Leverkusen.
Die Leidenschaft für´s Zeichen entwickelte Jutta Merzdorf schon in der Schule. Zwanzig Jahre hat sie neben ihrer Berufstätigkeit in der Chemischen Industrie gerne gezeichnet und gemalt und viele Kurse besucht, u.a. in der Kunstschule Frankfurt (Aktzeichnen), im Städel Museum Frankfurt (Aquarelle) , bei W. Bodemer und ELOBA in Leverkusen (Malerei).
Zur Zen-Meditation fand Jutta Merzdorf durch die Lektüre von Hugo M. Enomiya-Lassalle. Dieser hatte in den 70er Jahren im Meditationshaus St. Franziskus, einem Franziskanerkloster in Dietfurt im Altmühltal, ein Zendô errichtet. Seit den 90er Jahren übt Jutta Merzdorf nun dort, oft auch in Verbindung mit T’ai Chi.
Durch Martin Sôtai Knipphals, der als Teemeister in Bergisch Gladbach wirkt, kam Jutta Merzdorf schließlich zur Zen-Malerei. Teemeister Sôtai Knipphals, für dessen Inspiration sie ihm immer dankbar sein wird, unterrichtete einige seiner Teeschüler in den Jahren 2008-2011 in japanischer Tuschmalerei.
Daraufhin folgten 2-3 Jahre Japanisch-Kurse am JKI (Japanisches Kulturinstitut , Köln), weil sie sich nicht allein mit Übersetzungen zufrieden geben wollte. Bis heute abeitet Jutta Merzdorf noch gerne an Übersetzungen. Neben den Zenga interessiert sie sich vor allem für Haiga (Bilder mit Haiku-Gedichten).
Über die Zen-Malerei
Zen-Malerei (japanisch Zenga) sind Bilder, die sich mit Zen-Themen befassen. Es geht weniger um Malerei als zum Bild kristallisierte Zen-Anschauungen. Zenga will hinter dem Sinnfälligen der äußeren Erscheinung das innere Wesen der Dinge sichtbar machen.
Das Tuschbild ist aus der Kunst der Kalligrafie entstanden. Es war jahrhundertelang eine der vornehmsten Gattungen der ostasiatischen Kunst. Ob diese Kunst von Anfang an von Zen beeinflusst wurde, läßt sich nicht mehr zweifelsfrei feststellen. Man kann aber sagen, dass die Tuschbilder heute ohne Zen unvorstellbar sind. (Dies und die folgenden Kommentare von K. Brasch, Zenga, Tokyo 1961).
Die Schwarz-Weiss Bilder sind die Kunst des Mu, sie sind gestaltlose Gestalt (musô no sô), ein Ausdruck des Nicht-Ich (muga). Die Lehre von „muga“ oder der Unpersönlichkeit im Sinne des Zen besagt, dass es weder innerhalb noch ausserhalb der körperlichen und geistigen Daseinserscheinungen irgendetwas gibt, das man im höchsten Sinne als eine für sich bestehende, unabhängige Ich-Wesenheit bezeichnen könnte. Deshalb entspricht die höchste Unpersönlichkeit, eben „muga“ einem unbeschriebenen Blatt, japanisch hakushi. Dieses „unbeschriebene Blatt“ , ist nicht nur gegebener Raum, sondern Quelle, aus der die „Wahrheit“ als geistige Form in schwarzer Tusche emporsteigt. Der unbemalte Raum, japanisch johaku, spielt in der Tuschmalerei eine ebenso wichtige Rolle wie die bemalte Fläche. Der leere Raum (weiss) gibt das Gegengewicht zum in Tusche Dargestellten (schwarz) im Ausgleich der Komposition. Zwar verzichtet man auf Farben völlig, aber „wenn man die Tusche geschickt behandelt, so ergeben sich die Farben von selbst“. Der Verzicht auf Farben ist Verzicht auf Sinnlichkeit, Beschwichtigung aller Unruhe des Gedankens. Das Schwarz drückt rein ideell das aus, was die Farben sinnlich verkörpern. Die Wirkung des Tuschbildes geht dadurch nicht in die Breite, sondern in die Tiefe.
Es ist das Prinzip der Tuschmalerei, mit möglichst wenigem möglichst viel zu sagen. Überhaupt ist die relative Knappheit der Ausführung, das Weglassen vieler nicht wesentlicher Teile ein „Absehen“ von der sich in unendlich vielen Details brechenden Materie. Tuschebilder entstehen, sie sind nicht machbar. Der Pinselstrich manifestiert den Energiefluss des Augenblicks. (Shepherd)
Durch unablässige Übung unter Aufsicht des Meisters erlangt der Schüler den vollkommenen Besitz der spirituellen Sphäre. Es erregt Bewunderung, wenn man den Künstler mit dem Pinsel rasch ein Kunstwerk hinwerfen sieht, aber man ahnt dabei kaum, wieviel Übung nötig war, um die wenigen Pinselstriche treffsicher zu Papier zu bringen. Die Bewunderung gilt der Spontaneität und nicht der Kunstfertigkeit. Die Inspiration ist das Primäre gegenüber dem Dargestellten.
Die Vergeistigung des Zen unter dem Militäradel und unter den Hofbeamten brachte die Hochschätzung der aus China eingeführten Tuschbilder mit sich.
Die Zen-Mönche, die sich auf die Tuschmalerei verstanden, bezeichneten sie als die sublimste Kunst. Sie wurden nicht nur wegen ihres ästhetischen Gehalt geschätzt, sondern weil die dazu geschriebenen Verse auf den zugehörigen Zen-Ausspruch hinweisen.
Die Zen-Malerei bevorzugt u.a. folgende Themen:
Bodhidharma (jap. Daruma, oder Shosô , der erste Patriarch). Die Halbfigur dieses ersten Zen-Heiligen ist eines der Lieblingsmotive der Mönch-Maler und Künstler der Tuschmalerei.
Royô Daruma, (Bodhidharma auf einem Schilfrohr): Bodhidharma verliess das Liang Reich, nachdem dessen Kaiser Wu seiner Zen-Lehre die Anerkennung versagt hatte.
Hotei : einer der 7 Glücksgötter Japans, der mit einem dicken Bauch dargestellt wird
Kanzan-Juttoku : zwei Findelkinder, die in einem Kloster aufwuchsen,. Kanzan wurde später Dichter, deshalb ist er immer mit einer Schreibrolle dargestellt. Juttoku hielt das Kloster sauber, deshalb ist sein Symbol der Besen.
Bukan.: Der Zenmeister, der die Findelkinder Kanzan-Juttoku aufgenommen hatte. Sein ständiger Freund war ein Tiger, der ihn überall hin begleitete
Shisui (Vierschläfer): Die vier Schlafenden sind Bukan, Kanzan, Juttoku und der Tiger.
Es gibt seit dem 14. Jahrhundert die vier Malthemen der „vier tugendhaften Pflanzen“. (shikunshi), Chrysantheme, Pflaume, Orchidee und Bambus.
Bambus: aufrecht, biegsam, leer. Der gerade Stamm, die Regelmässigkeit seiner Knoten und die Ausdauer seines immergrünen Blattwerks verkörpern die Idee der Unverletzlichkeit. Biegsam, anpassungsfähig, ohne zu brechen, sich beugen, aber doch innere Stärke bewahren.
Pflaumenbaum: knorriges altes Holz, der in der grössten Kälte seine Blüten hervorbringt, ist Symbol für Standfestigkeit, Lebenserfahrung und Weisheit, Privileg des Alters.
Chrysantheme: Symbol für Treue, Freundschaft, Würde, Vollendung. Schliesst auch Abschied, Vergänglichkeit mit ein.
Orchidee (Cymbidium goeringii): sie gilt als Blume des Sommers. Sie blüht im Verborgenen und verrät sich durch ihren feinen Duft.
Weitere Literaturhinweise:
Der Senfkorngarten, Lehrbuch
K. Shepherd, Fernöstliche Wildorchideen in der Poesie der Malerei.
Haiku und Zen
Haiku (auch Haikai) kamen im 16. Jahrhundert in Japan in „Mode“, oft waren es Spottgedichte. Sie bestehen aus 17 Silben, und sind in 3 Zeilen angeordnet (5-7-5 Silben). Bashô war der größte Haiku Lyriker des neueren Japan (1644-1694). Auch er war ein Zen-Anhänger. Haiku ist nicht von Zen zu trennen.
Bashô schrieb:
Uralter Weiher:
Von dem Sprung eines Frosches
ins Wasser ein Ton.
Das bedeutet zenistisch ausgelegt: ein gespanntes Hinlauschen auf das leise Wispern des Lebens, das ebenso kurz, wie dieser Ton ist, auch nur auf einen kurzen Augenblick die grosse Stille allen Seins durchbricht.
In Asien ist es sehr üblich, die Bilder alter Meister zu zitieren. Viele dieser Bilder sind jahrhundertealt und gehören zum Kulturerbe.
Das Bild Der Bodhidharma, auf einem Schilfrohr den Yang-Tze überquerend, folgt dem des Malers Ch’ang-wêng Juching, er lebte von 1163 bis 1228. Das Bild ging im Krieg verloren. (aus: ZEN in der Kunst des Malens, O:W.Barth Verlag).
Von Isshi hat Jutta Merzdorf das Thema Bambus und Fels übernommen. Isshi lebte von 1608 bis 1646. Er zeichnete sich durch eine zarte und doch kraftvolle Malweise aus. Von ihm gibt es sehr viele Bilder, u.a. auch ein Bhodidharma auf dem Schilfrohr.
Zum Bild von Bambus und Stein schrieb Isshi ein Gedicht:
Die Blätter im Wind, die Äste im Regen
Durchschauern das Gemüt mit Kühle.
Der Hausherr (Isshi) – einsam erkennend – ergibt sich dem Frieden.
Im Innersten der Brust spürt er den rauschenden Fluss –
Vieles ist vergangen – doch vor dem Fenster ein Stamm Bambus!