Kurzinterview: Patrick Damschen im Gespräch mit Patrick Damschen

Das J3 schaetze Logoahr neigt sich dem Ende entgegen und wenn es nicht gerade jetzt besonders hektisch wäre, könnte man glatt besinnlich werden und Revue passieren lassen, wie sich die Vision entwickelt hat, mit der das Abenteuer namens 3 schätze gestartet ist. Zeit für ein Selbstgespräch.

Patrick: Seit der Eröffnung des Ladens mitsamt Online-Shop sind nun 1,5 Jahre vergangen. Wenn Du auf diese Zeit zurück schaust, wie fühlst Du Dich?

3 schätze LadenPatrick: In dieser Zeit und natürlich auch schon lange vorher ist etwas gewachsen, was immer wieder mein Herz erfüllt und was mir bis zum heutigen Tag noch nicht einmal langweilig geworden ist. Bisher bin ich noch jeden Tag gerne „zur Arbeit“ gefahren. Es ist ja auch so, dass ich nicht nur die geeigneten Mittel für die Yoga- oder Meditationspraxis verkaufe, sondern bei 3 schätze passiert ja noch viel mehr. Das macht mir wirklich Freude und wenn ich daran denke, wie oft ich dagegen total angefressen war, von meinem ungeliebten Bürojob, bei dem satte 10 Jahre gedauert hatte, bis ich mich davon lösen konnte und den Sprung in etwas Neues gewagt habe. Immer wieder war es die Sicherheit eines geregelten und festen Arbeitsplatzes, für die ich mich entschieden habe  und  natürlich gibt es auch heute immer mal wieder Momente des Zweifelns und der Angst davor, nicht zu wissen wie es weitergehen wird, ob mich die 3 schätze irgendwann auch ernähren werden etc.

Patrick: Das bedeutet, Du kannst von den ganzen Angeboten noch nicht leben?

Patrick: Ehrlich gesagt, wird es zwar Monat für Monat besser, je weiter sich die Kreise ziehen und je mehr Menschen auf mein Angebot aufmerksam werden, aber unter´m Strich kann ich auch nach 1,5 Jahren noch nicht wirklich vom Umsatz des Ladens/Online-Shops leben. Doch auch mit so manchem Fragezeichen habe ich das grosse Vertrauen, das richtige zu tun und auf meine Art etwas zu schaffen, was Menschen bewegt und etwas bewirkt.

Das dem so ist, spüre ich immer wieder durch das Feedback anderer, die an den verschiedenen Angeboten teilnehmen, den Workshops, den Lesungen, der Monk´s Kitchen oder eben zum Einkaufen oder auch nur auf eine Tasse Tee im Laden  vorbeikommen. Manchmal suchen Menschen einfach nur Ruhe oder ein Gespräch über Gott/Buddha und die Welt oder einen einfachen Rat in schwierigen Lebenssituationen.

Patrick: Mit welchen Fragen kommen denn Leute zu Dir?

Patrick: Ich weiß noch, wie eine Frau, einen Tag nach der Eröffnung des Ladens an die Tür klopfte und mich beim Aufräumen erwischte. Sie hatte sich im Tag vertan aber ich war ja da und so bat ich sie herein. Wir hatten uns kaum gesetzt und sie hatte dreimal tief geatmet, da fing sie an zu weinen und erzählte mir von ihren aktuellen Schwierigkeiten. Ich habe zugehört und sie hat mir dann noch beim Abwasch geholfen. Irgendwie wusste ich da, dass ich eben nicht nur einen Laden geöffnet hatte. So gibt es immer wieder Menschen, die durch meine Tür kommen, um zu rasten und etwas zu teilen. Toll war der Moment, als eine Frau in den Laden kam, um mir zu erzählen, das ihre Katze gestorben sei und fragte ob ich wüßte, wo die denn nun wäre. Oder die Frau, die direkt mit ihrer Katze vorbeikam und mich fragte, ob ich mal eben kurz auf die Katze aufpassen könne, da sie sich eine Wohnung anschauen gehen wolle. Es gab einen Augenblick, da wußte ich nicht, ob sie jemals wiederkommen würde oder ob ich jetzt neuer Besitzer einer Katze geworden war. Mit Katzen scheint der Laden sowieso irgendeine Verbindung zu haben, denn ich bekomme regelmäßig Besuch einer schwanzlosen Katze aus der Nachbarschaft, die dann eine Runde im Laden dreht und sich wieder verabschiedet.

Winkekatze-kleinPatrick: Vielleicht liegt es an Deiner Winkekatze im Schaufenster, die ja Glück und Wohlstand hereinbringen soll.

Patrick: Ja, zumindest habe ich mittlerweile schon 11 Cent (€) in und vor dem Laden gefunden.

Patrick: Ich vermute, Du solltest doch bald den Rat eines Freundes umsetzen, die vielen Situationen und Geschichten festzuhalten, die fast täglich für Spannung, Freude, Aufregung und Staunen sorgen.

Patrick: Stimmt, das wäre eine gute Idee. So denke ich besonders gerne an all die vielen Geschichten, die wir schon während der Monk´s Kitchen geteilt haben, z.B. als ein Teilnehmer von seiner Weltumrundung per Fahrrad berichtete, zu der er am nächsten Tag aufbrechen sollte. All das Potential, die Talente, die schon an der grossen Tafel der Mönchs Küche gesessen haben, die Meditations- und Yogalehrer/innen, der Tofu-Macher, die MBCT-Trainerin, der Förderschullehrer, der Couch, die GFK-Trainerin, die Ayurveda Köchin, die Filmausstatterin, die Fotografin und all die vielen anderen berühren mich tatsächlich sehr.

Surabhi-Yoga-Chakra-Duft

Patrick: Und auch die vielen Kooperationen, die sich mit der Zeit ergeben, sind Anlaß zur Freude.

Patrick: Auf jeden Fall. Immer wieder sind Leute bereit, sich mit ihrem Können auf neue Ideen und Projekte einzulassen. Meist geht es da weniger um´s Geld, als um Gemeinschaft und Erfahrungen, die man mit Geld sowieso nicht bezahlen kann. So scheinen die Klangmeditationen mit Samayaa Vidoni und ihren Kristallklangschalen oder die Klangreisen mit Theresia Binder zu einer festen Größe bei 3 schätze zu werden. Oder die Surabhi – Yoga-Chakra-Duft Workshops mit Anja Addis, einer Bonner Yogalehrerin und Uwe Manasse, einem Parfumeur.

Patrick: Wirst Du denn die Zahl der Angebote/Veranstaltungen im kommenden Jahr weiter erhöhen?

Patrick: Ja, ich möchte auf jeden Fall weiterhin Lesungen, wie die mit Frank Berzbach oder dem amerikanischen Zen-Meister, Brad Warner, anzubieten. Für 2014 ist schon eine Lesung mit Dieter Gurkasch geplant, dessen Geschichte die einer Wandlung mit tiefer innerer Einsicht und großer Aus(sen)wirkung ist. Während einer langjährigen Haftzeit hat er mit Yoga ein Instrument gefunden, welches ihm geholfen hat, sein Leben auf positive Weise zu verändern und die daraus gewonnenen Erkenntnisse an andere weiterzugeben. Ich mag es, etwas sperrigere Typen, mit nicht so glatten Biografien einzuladen und freue ich mich darauf schon jetzt besonders. Blog 3

Ebenso möchte ich regelmäßig wechselnde Ausstellungen verschiedener Künstler zeigen, wie von Bas Brader, Ute Faber und aktuell Jens Jansen. Außerdem will ich Filme und Dokumentationen zeigen, sowie zu Teeverkostungen und Teezeremonien einladen.

Ein weiterer Plan ist, im kommenden Jahr „Seminare für Männer“ anzubieten. Gemeinsam mit einem guten Freund möchte ich die Dinge mit anderen Männern teilen, die wir hilfreich finden und die wir seit Jahren praktizieren. Das sind z.B. die Meditation, Taiji, das TanZen, Gewaltfreie Kommunikation (GFK). Dabei wollen wir bei den Seminaren keine Antworten
geben, wann ein Mann ein Mann ist usw., aber es gibt halt nützliche Mittel, um mit sich selbst besser, anders in Kontakt zu kommen. Und manchmal ist es eben besser, auch mal nur mit Männern zusammen zu sein und auf all die Rituale verzichten zu können, die einfach immer wieder ablaufen, wenn auch Frauen dabei sind.

Patrick: Durch die Lage des Ladens, den angrenzenden Kiosk und eine Substitutionsstelle in unmittelbarer Nähe, bist Du aber auch jeden Tag mit einem Ausdruck des Lebens in sehr direktem Kontakt, welcher viel Hoffnungslosigkeit, Schmerz und Verwirrung in sich trägt.

Patrick: Wenn man an Karma glaubt, bzw. dieses Gesetz akzeptiert, dann scheint der ewige Strom an Gestrandeten, Junkies und Alkoholikern, die täglich vor meinem Laden auf und ab laufen, auch ein Spiegel meiner eigenen Geschichte zu sein, vor der ich nicht die Augen verschliessen kann. Zwar gab es bisher noch nie ernsthafte Probleme aber doch Situationen, in denen ich mir schon Sorgen gemacht habe, ob das tägliche Lungern und Feiern, die Lautstärke und auch die Aggression vor meinem Laden, nicht vielleicht Kundschaft abhalten könnte, bei mir einzukaufen.

Immer wiederBei meinem Freund Didi, mit seinen Kumpels und seinem Borussia  Mönchengladbach Auto, habe ich es mit Humor versucht und zu ihm gesagt, „Du bist halt Mönchengladbach und ich bin Mönch in Bonn„. So sind wir, trotz unterschiedlicher Lebensführung, immer irgendwie in Kontakt gewesen und vielleicht ist das an dieser Stelle auch eine meiner Stärken, dass ich diese Welt nämlich in ähnlicher Weise kennengelernt habe. In meiner Punk-Rock Zeit war ich zum Teil eben auch recht heftig unterwegs. Möglicherweise ergibt sich ja irgendwann auch die Gelegenheit, etwas von meiner jetztigen Perspektive und/oder meiner Praxis weiterzugeben.

Patrick: Aber gab es nicht auch Momente, wo Du einfach nur abgenervt warst?

Patrick: Klar, da gab´s auch immer wieder Tage, wo ich relativ hilflos war. Wenn mein Nervenkostüm dann völlig runter war und ich die eigene negative Gedankenspirale durchbrechen wollte, bin ich einfach vor die Tür gegangen und habe Äpfel verteilt. Äpfel statt Bier!

Patrick: Einheit, Vielheit, Harmonie, ziehst Du die Energie für die 3 schätze auch aus Deiner buddhistischen Praxis?

Patrick: Ja, seit 1999 praktiziere ich jetzt Zazen und leite seit ca. 7 Jahren das San Bo Dojo in Bonn. Mitte 2012 habe ich die Mönchs-Ordination von Meister Roland Yuno Rech empfangen und seit der Eröffnung des Ladens, einen Monat später, kommen nun viel mehr interessierte Menschen als früher zu uns und möchten Zazen, die Zen-Meditation, ausprobieren. So hat sich, durch die Nähe des Laden und unseres Zen Dojos, auch mein Engagement für die Zen-Praxis verändert. Das bedeutet mehr Einführungen, mehr Gespräche und auch mehr Fluktuation im Dojo.

zen_kreis

Patrick: Entwickelst Du das eigentlich alles selbst?

Patrick: Vieles von dem, was die 3 schätze ausmacht, wäre ohne die Hilfe und Unterstützung vieler Freunde nicht möglich. Sei es die grafischen Gestaltung, die Internetadministration, die grosszügigen Lebensmittelspenden oder die endlosen Ideenschmiedeabende. Dafür bin ich immer wieder unglaublich dankbar!!!

So möchte ich hier mit einem Ausdruck schließen, den ein Teilnehmer neulich in mein Gästebuch geschrieben hat: „Smilence“

 

3-schaetze-LadenfrontSchöne Weihnachten und alles Gute für das kommende Jahr.

Mögen alle Wesen glücklich sein!

Die Kunst ein kreatives Leben zu führen

Frank Berzbach´s Buch jetzt handsigniert bei 3 schätze

Frank Berzbach ist Dozent an der Akademie für Gestaltung ecosign in Köln und praktiziert seit Jahren Zazen. Sein neuestes Buch, „Die Kunst ein kreatives Leben zu führen, befasst sich mit Achtsamkeit, Verlangsamung, Innenschau und auch Langeweile. Alles Dinge, die der Kreativität förderlich sein können. Das Buch scheint die Fragestellung dieser Zeit zu treffen, denn Frank Berzbach wird nun überall hin eingeladen, zu lesen und zu diskutieren. So bereist er die großen und kleinen Städte der Republik  und bietet sich an für Auseinandersetzung, Fragen, Ideen. Der Verlag meldet Anfang Dezember knapp 10.000 verkaufte Exemplare. „Die Kunst ein kreatives Leben zu führen“ kann man ab sofort vom Autor handsigniert, exklusiv bei 3 schätze bestellen.

Frank Berzbach - Die Kunst ein kreatives Leben zu leben

Zum Buch: Von „normalen Menschen“ beneidet, leben Kreative in der Welt cooler Agenturen und traumhafter Jobs, sie setzen Trends und sind immer aktiv und ständig gut drauf. Sie haben das neueste Handy, lesen die angesagtesten Zeitschriften und tragen schon heute die Mode von morgen.

Hinter den Glasfassaden aber lauert die Gefahr von Überarbeitung, Burnout, Zweifeln – und die Angst was passiert, wenn die Ideen mal nicht sprudeln. Darüber spricht man nicht im Rampenlicht der Konferenzen und am Rande der Awardshows, dafür zunehmend hinter vorgehaltener Hand. Die Kunst, ein kreatives Leben zu führen, lehren weder Hochschule noch Agenturboss.

Wir sind geboren, um zu performen, Deadlines dominieren den Alltag – und der frisst sich zunehmend auch in die Abendstunden hinein. „Nicht arbeiten“ hieß deshalb das letzte Kapitel von Frank Berzbachs Erfolgstitel „Kreativität aushalten“. Weil Pausen zum Leben gehören! Auch zu dem in den Creative Industries.

Frank Berzbach - Die Kunst ein kreatives Leben zu führen

„Geh Tee trinken!“

Das raten Zen-Meister ihren Schülern auf die wirklich wichtigen Fragen des Lebens. Nicht im Tein (und erst recht nicht im Koffein) liegt dabei die Antwort, sondern in der Ruhe, im Abstand gewinnen, im Loslassen. Genau das aber fällt im Kreativalltag so schwer.

Das Buch von Frank Berzbach ist eine Einladung zum stillen Gespräch. Zum leisen Denken. Auch dazu, die ungeschriebenen Gesetze, die Ihr Leben immer schneller werden lassen zu hinterfragen. Und dazu, die Gestaltung des allerwichtigsten Projektes nicht vor lauter Meetings aus den Augen zu verlieren: die, des eigenen Lebens!

 

Vom 30.08. – 15.09.2013 fand in Bonn die 9. Lesereise der Bonner Altstadt Initiative (A.I.B.) statt. In diesem Zeitraum konnte man in verschiedenen Geschäften und Kneipen die unterschiedlichsten Dinge entdecken. In diesem Jahr war der 3 schätze Laden ebenfalls Teil des bunten Programms und hatte zu einem Vortrag mit mit Frank Berzbach, zu Diskussion und zu Tee und Meditation eingeladen.

Lesereise-Blog

Kurz-Interview: Cornelius Woelke im Gespräch mit Patrick Damschen

In der kleinen yogaschule, mitten in der Bonner Altstadt, kann man bei Cornelius Woelke, unabhängig ob Yoga-Anfänger oder Fortgeschrittene/r, flexibel oder steif, einen passenden Yoga-Kurs nach der eigenen Motivation finden. Cornelius bietet fortlaufende Kurse und regelmäßige Seminare. Seit einigen Monaten besuche ich nun die kleine yogaschule und da wurde es Zeit für dieses Interview. Getroffen haben wir uns, wo wir uns sonst auch immer treffen, am Cafe Roller am Frankenbad…

3 schätze: Erzähl doch bitte kurz, wer Du bist.

Cornelius: Ja, mein Name ist Cornelius Woelke und ich habe 2006 die kleine yogaschule
aufgemacht. Seit 2003 unterrichte ich regelmäßig Yoga und habe mich dann sesshaft
gemacht, nachdem ich vorher zwischen Köln, Bonn und Krefeld hin und her unterrichtet
habe.

dky_foto3 schätze: Wie lautet Dein Lebensmotto?

Cornelius: Eine schöne Benediktinerregel besagt, „Finde den Frieden und jage ihm nach“.

3 schätze: Wie bist Du zum Yoga gekommen?

Cornelius: Eigentlich eher zufällig. In den 90ern war ja Yoga noch total esoterisch.
Ich habe mich damals über die Edelsteinheilkunde informiert und kam dadurch immer  wieder mit hinduistischen Texten in Kontakt. Die Philosophie fand ich interessant aber die ganzen Götter waren mir suspekt. Zu dem Zeitpunkt kam ich ja schon mit dem einen christlichen Gott nicht klar. So kam ich zunächst zum Buddhismus und habe einiges über Zen gelesen. In den Büchern steht zwischen den Zeilen ja vor allem immer drin, lies nicht soviel, mach lieber was. So habe ich mich dann bei einem Jesuitenpater in Essen zum Zen-Einführungskurs angemeldet und habe darüber hinaus noch weitere Kurse besucht. Zwischendurch habe ich dann einen Aushang gesehen, da gab es Yoga, nur 50 Meter von meiner Haustür entfernt. Ich bin hingegangen und war am nächsten Tag mit totalem Muskelkater beim Arzt. Der riet mir weiterzumachen und so bin ich dann beim Yoga geblieben.

3 schätze: Welchen Yogastil unterrichtest Du?

Cornelius: Es ist eine kleine Yoga Tradition, in der ich unterrichte. Meine Lehrer, die mich ausgebildet haben und zu denen ich mich hingezogen fühle sind Leopoldo Chariarse und Patrick Tomatis, hatten ihrerseits Lehrer in der kashmirischen Tradition. Außerdem Dr. M.L. Gharote, mein Lehrer im klassischen Hatha-Yoga, wie es im Kaivalyadhama Institut gelehrt wird.

3 schätze: Wie sieht Deine Ausbildung aus?

Cornelius: Ich habe eine BDY-Ausbildung, die damals noch 3 1/2 Jahre dauerte (heute 4 Jahre), und seitdem geht das Lernen bei meinen Lehrern immer weiter.

3 schätze: Was ist das Besondere an dieser kashmirischen Richtung?

Cornelius: Jean Klein, der Lehrer von Leopoldo, hat mal gesagt, es wird genau  genommen kein Yoga „gemacht“, weil Yoga „Vereinigung“ bedeutet, Vereinigung mit dem
göttlichen, dem Universum. In der kashmirischen Tradition sind wir von vorne herein schon mit dem Universum vereint, von daher gibt es da nicht zu verbinden. Es ist eher ein Wiedererkennen. Die Körperarbeit die wir machen dient dazu, uns zu erinnern, das wir ein Teil dieser Welt sind.

3 schätze: Soweit ich das verstanden habe, stammt die kashmirische Tradition ja auch aus dem Tantra. Magst Du dazu etwas erzählen?

Cornelius: Tantra hat vielleicht durch den Neo-Tantrismus, den wir hier im Westen
kennengelernt haben, einen etwas komischen Beigeschmack, denn es meint eigentlich
eine Gruppe von Texten. Der Begriff des kashmirischen Shivaismus ist ein Begriff, der
sich irgendwann mal eingebürgert hat. Es handelt sich um eine tantrische Tradition,
die in Kashmir entstanden ist und sich bis in den Süden Indiens ausgedehnt hat. Die
Philosophie ist mit der Trika-Philosophie nach Abhinavagupta zu beschreiben. Eine
Philosophie, die irgendwann im 10./11. Jahrhundert entstanden ist und die in der heutigen Zeit unter anderem von Swami Muktananda Paramahansa verbreitet wurde. Ich sehe mich eher in der Tradition von Swami Lakshman Joo Raina; zur Zeit bilde ich mich bei Schülern von ihm weiter.

Die Kosmologie dieser Tradition finde ich sehr schön. Sie besagt, dass zunächst nur das Eine da war. Das Eine wird Shiva genannt. Das Eine wollte sich erkennen und teilte sich. Daraus entstand Shiva, das Bewußtsein und Shakti, die Energie. Und Shakti erschuf tanzend die Welt, damit Shiva sich erkennen kann. Wir als ein Teil dieser Welt, sind somit also ein Teil von Shiva, bzw. wir sind Shiva. Durch die verschiedenen Verdichtungsstufen sehen wir das allerdings nicht mehr und deswegen ist es eigentlich ein Wiedererkennen, dass wir diese Einheit besitzen. Ich kann mich anstrengen, körperlich noch fester werden oder aber ich löse nach und nach die körperliche Festigkeit auf und schwinge mich auf eine andere Frequenz, auf der ich das Erkennen wahrnehmen kann.

3 schätze: Meint das Erkennen die Erleuchtung?

Cornelius: Erleuchtung ist mir zu esoterisch, aber es gibt diese Erfahrung meiner  Meinung nach auf verschiedenen Ebenen. Das Ziel ist doch, Frieden und Befreiung im
körperlichen, geistigen und spirituellen Bereich zu finden. Wann nehmen wir z.B.
unseren Körper wahr? Meistens, wenn er schmerzt. Bin ich schmerzfrei und völlig im
Gewahrsein meines Körpers, ist das auf der körperlichen Ebene eine Art Erleuchtung.
Wenn ich frei von Gedanken und Ängsten bin, ist das eine Befreiung oder Erleuchtung
auf der mentalen Ebene. Möglicherweise komme ich dann in Kontakt mit etwas, dem ich
mich völlig anvertrauen kann. Die Zen-Buddhisten nennen dies Leerheit, im Hinduismus
sind dies die ein oder anderen Götter, bei den Christen ist es Gott oder Jesus und bei den Muslims Allah.

Varanasi - Ganges

Varanasi – Ganges

3 schätze: Was bedeutet Yoga für Dich in einem Wort?

Cornelius: „…“ (schweigt)

3 schätze: Was hat dich inspiriert Yoga-Lehrer zu werden? Warum unterrichest Du Yoga?

Cornelius: Zur Yogalehrer-Ausbildung hat mich damals mein missionarischer Eifer getrieben, den ich als  enthusiastischer Yogapraktizierender hatte. Ich wollte unbedingt das weitergeben, was ich selbst praktiziert habe. Ich sah, dass immer wieder dieselben Übungsreihenfolgen angeboten wurden und dachte, das geht schnell, das kann ich auch lernen.

Dann habe ich die Ausbildung der GGF (Gesellschaft für Geisteswissenschaftliche
Fortbildung e.V.) angefangen und da fing eigentlich die große neue Welt erst an. Das
Eintauchen in die Philosophie und die Lebenswelt des Yoga. Die Erfahrungen und
Entwicklungen, die ich dieser Zeit gemacht habe, kann man meiner Meinung nach, kaum
in einer der heute angebotenen Kurz-Ausbildungen für Yoga-Lehrer/innen machen.
Das Erlernte in Philosophie und Praxis zu verarbeiten und zu integrieren braucht seine Zeit. Beim Asana zum Beispiel ist es wichtig das Prinzip einer Haltung zu erlernen, auszuprobieren und zu verstehen, wie man eine Haltung einnehmen kann. Dies kann aus unterschiedlichen Richtungen geschehen. Für mich gibt es kein soundso ist das und fertig.

Mein missionarischer Eifer hat sich dann auf jeden Fall gelegt und ich habe erst mal gar nicht  unterrichten wollen. Später hat sich die Situation dann ergeben, dass ich dann und wann mal einen Yogakurs gegeben habe, bis es sich irgendwann ergab, damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Das ist ja auch das schöne am Yoga, gib mir einen Raum, gib mir Menchen und dann kann ich unterrichten. So habe ich angefangen in Köln, Krefeld und Bonn Kurse zu geben.

3 schätze: Wie hat sich Dein Yoga-Unterricht im Laufe der Zeit, im Laufe der Jahre
verändert?

Cornelius:  Da fragst Du am besten meine Schüler. Es gibt noch welche, die schon so
lange dabei sind. Die Körperarbeit ist differenzierter geworden und ich habe immer mehr erkannt, welche Bedeutung die Meditation in der Praxis hat, weshalb sie ein wichtiger Bestandteil meiner Praxis geworden ist.

Ich habe viele, viele Jahre auf unterschiedlichste Arten und Weisen versucht, Körper
zu bewegen, Körper flexibler zu machen, die kurzzeitige Entspannung durch die
Körperpraxis herbeizuführen aber irgendwann  habe ich mich an meinen eigenen Einstieg
in die Yoga-Praxis erinnert. In meiner zweiten Yoga-Stunde habe ich eine Haltung eingenommen, in der ich die Beine hinter dem Kopf verknotet habe. Das konnte ich schon als Kind nicht. Danach habe ich zwei Jahre gebraucht diese Haltung zu vergessen, um sie wieder einnehmen zu können.

Ich bin der Meinung, dass jeder Körper, solange keine anatomischen Dysfunktionen  vorliegen, eine solche Haltung einnehmen kann. Natürlich nur solange der Geist nicht
permanent da ist und uns verfestigt. Für mich ist der meditative Anteil der Praxis
wichtig, um die Wurzel der Verspanntheit aufzulösen.

3 schätze: Ist also Yoga die Vorbereitung für eine gute Meditation und die Meditation
im Umkehrschluss die Vorbereitung des Geistes auf einen flexiblen Körper?

Cornelius: In einem wichtigen, klassischen Hatha-Yoga Text wird am Anfang erwähnt,
„Hatha-Yoga führt zu Raja-Yoga“, wobei Raja-Yoga in diesem Fall nicht den Weg der
Geisteskontrolle meint, sondern ausdrücklich „Erleuchtung“ bedeutet. Ohne Raja-Yoga
ist Hatha-Yoga nur ein Verbiegen der Knochen.

3 schätze: Wo wir gerade beim „Knochenverbiegen“ sind, wie gehst Du in Deiner Yoga-
Praxis und in Deinem Leben mit Grenzen um?

Cornelius: Grenzen – finde ich gut. Ich arbeite gerne mit ihnen, in dem man sich ganz  vertrauensvoll an sie lehnt. Grenzen kann man eigentlich nur sehen und erweitern, wenn man vor ihnen stehen bleibt und sie betrachtet. Wenn man mit Geschwindigkeit und Kraft darüber hinaus geht und dann auf einmal hinter sich schaut und merkt, hoppla, da war ja eine Grenze, ist zumindest der Muskelkater vorprogrammiert. Eine Grenze ist wie ein scheues Reh. Man könnte auch hier wieder die meditative Praxis anwenden und schauen, was ist das, was mir diese Grenze aufzeigt, was für Bilder, was für Gedanken tauchen auf? Inwiefern läßt sich die Grenze erweitern? Kopfstand, Handstand, alles wunderbare Übungen, um Grenzen zu erweitern, die Perspektive zu wechseln, mit seinen Ängsten umzugehen. Grenzen spüren und sehen, welche brauche ich und welche nicht. Die meisten, nicht.

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New Delhi Airport

3 schätze: Kopfstand oder Handstand sind ja auch Übungen, die man vom ordinären
Bodenturnen kennt.

Cornelius: Ja, ich nehme gerne ganz ordinäre Haltungen. Ich muss nicht unbedingt nur klassische Asanas machen. Wann wird eine Haltung aus dem Bodenturnen zum klassischen Asana?

Ich kann jede  Haltung auf so viele  unterschiedliche Weisen machen. Die vielen Yoga-Stile, die es heute gibt, haben dieselben Haltungen und haben jedesmal einen anderen Ansatz in sie hineinzugehen, sie aneinander zu reihen und das macht dann den Stil aus. Wie gehe ich an Trikonasana (Dreieckshaltung) heran? Das kann ich in der Iyengar Tradition so und so machen, in der Ashtanga Tradition so und der Kundalini  Tradition nach Yogi Bhajan wieder an anders machen. Meine Art und Weise ist dann vielleicht wieder anders. Eine Übung ist in den unterschiedlichen Herangehensweisen der unterschiedlichen Traditionen jeweils anders, auch in ihrer Wirkungsweise. „Die unterschiedlichen Yoga-Stile schiessen aus dem Boden wie Pilze“, sagte Boris Sacharow, der Begründer der „Ersten Deutschen Yogaschule (EDY)“ in den 20er Jahren und es ist schön, dass es so viele bunte Pilze gibt.

3 schätze: Was ist Dir wichtig?

Cornelius: Die Lehrer meiner Lehrer, z.B. Jean Klein, haben in einer kashmirischen
Tradition in Indien gelernt. Patrick Tomatis hatte einen kashmirischen Lehrer in Paris und natürlich hat mich irgendwann interessiert, was ist diese kashmirische Tradition. So setze ich mich in den letzten 6 bis 7 Jahren intensiver mit dem kashmirischen Shivaismus auseinander, welcher die philosophische Grundlage für dieses System ist.

Teilweise wird hier der achtgliedrige Pfad von Patanjali, mit z.B. Yama, Niyama, Asana, Pranayama usw. nochmal anders interpretieren. Hier ist die einzigen Asana, die wirklich ein Rolle spielen, die Sitzhaltungen für die Meditation. Im Netra-Tantra heißt es daß, wenn Du in einer bestimmten Betrachtung auf den Atem bist, den Geist vollständig darin gesammelt hast, dann ist das Asana.

Die Entwicklungen des Yoga, wie wir ihn heute kennen, haben eigentlich immer mehr
dazu geführt, dass wir vom klassischen Hatha-Yoga weggekommen sind, der die
Körperhaltungen für Energielenkungszwecke genutzt hat aber eben auch, damit der
Körper stabiler wird, damit er über Stunden aufrecht sitzen kann. Aber, wie gesagt,
Hatha-Yoga ist nichts ohne Raja-Yoga, beides gehört zusammen. Mein Lehrer, Dr.M.L.Gharote, hat immer gesagt, damit wir in der Meditation gerade und aufrecht
sitzen können, muss der Körper stark und flexibel sein. Wenn der Körper so stark und
so flexibel ist, dass er stundenlang aufrecht in Meditation verweilen kann, kann es
auch passieren, dass man die Beine hinterm Kopf verknoten kann aber das ist nicht das
Ziel. Der Körper ist ein Werkzeug, um mit ihm zu arbeiten.

3 schätze: Inwieweit vermittelst Du in Deinem Unterricht die Yoga-Philosophie? Gibt
es da ein Interesse auch den theoretischen Hintergrund, z.B. Deiner kashmirischen
Tradition zu verstehen? Manchmal habe ich den Eindruck, dass sich manche Menschen
gerne eine eigene Philosophie, aus hinduistischen und buddhistischen Ansätzen
zusammenbasteln und dazu Körperübungen praktizieren.

Cornelius: Es gibt in meinen Stunden immer wieder die Möglichkeit Fragen zu stellen.
Im normalen Kursbetrieb halte ich keine Vorträge aber wenn Fragen kommen, werde ich
die platzsparend beantworten. Ansonsten biete ich während meiner Yoga-Tage immer
wieder den Raum, um Fragen bezüglich der Theorie genauer erläutern zu können. Obwohl sich Theorie ja sehr trocken anhört. Manchmal kann man aber auch anhand der
Körperhaltungen sehr schön die Philosophie erklären. Umkehrhaltungen, z.B.  Rückbeugen, eignen sich wunderbar, um  zu sich umzukehren, in sich einzukehren.

3 schätze: Was hat es eigentlich mit dem Barfusssoziotop auf sich?

Cornelius: Als Yoga-Lehrer arbeite ich oft auch abends und kann mir manche Musiker,
die ich vielleicht gerne sehen würde, nicht sehen, weil ich gerade unterrichte. Aber ich habe einen Raum und so lade ich mir von Zeit zu Zeit einfach Musiker ein, die Lust haben „Wohnzimmerkonzerte“ in der kleinen yogaschule zu spielen. Die Barfusskonzerte sind aber keine Veranstaltungen der kleinen yogaschule, sondern sie sind mein persönliches Vergnügen.

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3 schätze: Und nebenbei ein Vergnügen mit einer wahnsinnig guten Akkustik und einer
tollen Bandauswahl.

Cornelius: Ja, irgendwie ist das für mich auch ein Teil von Yoga. Ich habe den Raum,
ich habe die Möglichkeiten, also biete ich etwas an. Vielleicht ist das Karma-Yoga?!

3 schätze: Danke!

die kleine yogaschule
Hatha Yoga · Kurse & Seminare für Körperarbeit und Meditation
Georgstraße 24 A · 53111 Bonn · Tel.:0228-24 00 820
Für Fragen und Informationen unter:
kurse[at]yib.info
www.diekleineyogaschule.de